Frankfurt – Seit Monaten drängt die Politik die Deutsche Bank und die Commerzbank zu einer Fusion. Nach langem Zaudern gaben die beiden Geldhäuser dem wachsenden Druck nach und loten einem Insider zufolge nun in informellen Gesprächen ein Zusammengehen aus.
Eine Entscheidung für oder gegen eine Fusion solle in den nächsten Wochen fallen. Vor allem die Sorge um die Zukunft der angeschlagenen Deutschen Bank treibt die deutsche Regierung um. Deutschlands Wirtschaft brauche eine starke deutsche Bank, wird Finanzminister Olaf Scholz nicht müde zu betonen.
Wichtige Entscheidungsträger sehen den Zeitpunkt zum Handeln gekommen. «Die Deutsche Bank hat sich von der Krise im Herbst 2016 nie wirklich erholt», sagte eine mit den Überlegungen der Politik vertraute Person. Damals wurden wegen einer drohenden Milliardenstrafe in den USA Zweifel an der Überlebensfähigkeit des Geldhauses laut.
Die Sorge sei, dass beim nächsten Nackenschlag eine Abwärtsspirale droht – und das bei einem Institut, das wegen seiner engen Verflechtung im Finanzsystem als eines der gefährlichsten Geldhäuser der Welt gilt. «Es ist daher legitim zu fragen: Hat die Bank genug Zeit und Kraft, um schrittweise die Wende aus eigener Kraft zu schaffen?»
Viele Beobachter haben den Glauben daran verloren. Analysten zweifeln, dass die Deutsche Bank im laufenden Jahr ihr Renditeziel erreichen kann. Der Börsenwert ist auf knapp 16 Milliarden Euro zusammengeschmolzen, die Aktie nicht weit von ihrem Ende 2018 erreichten Rekordtief entfernt. Die Bonitätsnoten sind schlecht, die Refinanzierungskosten hoch und weiteres Ungemach droht. Die Ratingagenturen Moody’s und Fitch haben das Deutsche-Bank-Rating mit einem negativen Ausblick versehen – drohen also mit einer Senkung der Bonitätsnote.
Informelle Gespräche über Fusion mit UBS
Selbst ohne eine Rezession kämpfe das grösste deutsche Geldhaus an vielen Fronten, heisst es in Regierungskreisen. «Das Dach muss man reparieren, solange die Sonne scheint», sagte ein Insider. Hinzu komme die Furcht, dass ein ausländischer Konkurrent nach der Commerzbank greifen könnte. Damit würde der Deutschen Bank nicht nur der Fusionspartner abhanden gehen, sondern auf dem Heimatmarkt ein starker Konkurrent erwachsen während die Wall-Street-Banken im Investmentbanking immer mächtiger werden.
Seit Monaten prüft man in Berlin daher Optionen für die Deutsche Bank. Hochrangige Beamte hätten sogar an informellen Gesprächen über eine mögliche Fusion mit der Schweizer Grossbank UBS teilgenommen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen. Doch die Idee sei schnell zu den Akten gelegt worden und man habe sich wieder darauf konzentriert, für eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank zu werben. Ein UBS-Sprecher lehnte eine Stellungnahme ab.
Der Bund hält auch ein Jahrzehnt nach der Rettung in der Finanzkrise noch gut 15 Prozent an der Commerzbank und dürfte auch bei einem fusionierten Institut als Aktionär an Bord sein. Befürworter eines Zusammenschlusses argumentieren, eine Staatsbeteiligung würde die Deutsche Bank stabilisieren. Wichtige Ratingagenturen haben aber schon einmal klar gemacht, dass sich dadurch die Bonitätsnote wohl nicht verbessern würde.
Teures Projekt
Ein Selbstläufer ist eine Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank nicht. Ohne eine Kapitalerhöhung dürfte ein Zusammenschluss kaum möglich sein, stille Lasten müssten aufgedeckt werden. Die Analysten von Morgan Stanley bezifferten das mögliche Kapitalloch kürzlich auf vier bis neun Milliarden Euro. Ganz zu schweigen, von den mindestens zehntausend Stellen, die im Zuge einer Fusion wegfielen.
Auch bei den Aktionären ist noch viel Überzeugungsarbeit nötig – das zeigte auch die Reaktion der Anleger an der Börse am Montagmorgen. Dort legten die Aktien der Deutschen Bank «nur» um fast zwei Prozent, jene der Commerzbank immerhin um vier Prozent zu. «Wir sind weiterhin skeptisch, dass eine Fusion sinnvoll ist», sagte ein Grossaktionär der Deutschen Bank am Wochenende der Nachrichtenagentur Reuters. Bevor man sich für einen solchen Schritt entscheide, müsse ein umfassender Plan für die Zukunft der fusionierten Bank vorliegen.
«Ich halte eine Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank zu diesem Zeitpunkt für falsch. Zwei angeschlagene Institute ergeben kein Gesundes», sagt der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz und steht mit seiner Einschätzung nicht allein. Schliesslich kämpft auch die Commerzbank mit Gegenwind, ihre mittelfristigen Ertrags- und Renditeziele hat sie in den vergangenen Monaten kassiert. (awp/mc/ps)