Deutsche Bank wehrt sich gegen Vorwürfe im Kirch-Prozess
Deutsche Bank-CEO Josef Ackermann.
München – Die Deutsche Bank hat sich entschieden gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, den Zusammenbruch von Leo Kirchs Medienkonzern 2002 gezielt gefördert zu haben. Kirch wirft der Bank und ihrem Ex-Chef Rolf Breuer unter anderem vor, die Pleite des weit verzweigten Unternehmens verschuldet zu haben, um ein Beratungsmandat von Kirch zu bekommen und am Umbau und Verkauf des Unternehmens zu verdienen.
«Wir hatten kein Interesse an einem Mandat», sagte der damalige Finanzchef und heutige Aufsichtsratschef der Deutschen Bank, Clemens Börsig am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht in München. Dort ging der seit Jahren tobende Rechtsstreit zwischen Kirch und Deutschlands grösstem Geldhaus mit den Aussagen der Bankspitze in eine neue Runde. Neben Börsig sollte am Nachmittag auch der heutige Bankchef und damalige Vorstand Josef Ackermann aussagen. Kirch kämpft seit Jahren in vielen Prozessen quer durch alle Instanzen um Milliardenzahlungen.
Vorgehen im Vorstand abgesprochen?
Das OLG will unter anderem herausfinden, ob die Bank absichtlich Kirch schädigen wollte und ob das Vorgehen dafür auch im Vorstand abgesprochen war, wie die Kirch-Seite vermutet. Die Bank weist diese Vorwürfe entschieden zurück. Neben Börsig und Ackermann wurden auch Technologievorstand Hermann-Josef Lamberti und Ex-Vorstand Tessen von Heydebreck intensiv zu den Geschehnissen befragt. Das Gericht wollte an diesem Verhandlungstag vor allem wissen, was in der Vorstandssitzung des Bankhauses am 29. Januar 2002 besprochen worden war. Im folgenden Februar hatte der damalige Bank-Chef Rolf Breuer in einem Interview die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Wochen später brach der Kirch-Konzern zusammen.
Kein Interesse an einem Mandat Kirchs
Das Protokoll der Vorstandssitzung vermerkt, dass die Bank Kirch fragen wolle, ob er ein Mandat der Bank haben wolle. Börsig bekräftigte, das Geldhaus habe 2002 trotzdem kein Interesse an einem Mandat Kirchs gehabt. «Das haben wir nicht gesagt, weil wir uns ein Mandat erhofft haben», sagte der damalige Finanzvorstand. Vielmehr habe die Bank jeden Anschein eines Interessenkonflikts vermeiden wollen, falls eine andere Partei – wie etwa der US-Medienunternehmer Rupert Murdoch, der Interesse an Teilen des Kirch-Imperiums hatte – der Bank ein Mandat übertragen wollte. Vor einer Entscheidung habe man Kirch zumindest fragen wollen.
Bank mit Mittlerrolle
Börsig berichtet, dass Breuer auf der Sitzung auch über ein Gespräch bei Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) berichtet habe. Die Bank sei bereit gewesen, eine Mittlerrolle zu übernehmen, falls etwa Dritte Interesse an Teilen von Kirchs Imperium haben sollten. Dann hätte man Kirch wegen eines Mandats befragt. «Das haben wir nicht gemacht, weil wir es erhofft haben, sondern um ganz sauber dazustehen.» Ob auch Schröder noch gehört werden wird, ist offen. Allerdings sollen demnächst Verlegerin Friede Springer und Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff ebenfalls zu diesem Thema vom OLG befragt werden.
Kirch «unter ferner liefen»
Von Heydebreck sagte, bei der Vorstandssitzung habe das Thema Kirch nur am Rande ein Rolle gespielt. «Wir haben darüber gesprochen, aber unter ferner liefen», sagte der damalige Personalvorstand. Er habe damals gesagt, dass man zumindest Kirch vorher ebenfalls Gespräche anbieten müsse, falls es Interesse von Dritten gebe, die Deutsche Bank in dem Zusammenhang mit einem Mandat zu beauftragen. «Es war allgemeines Verständnis, dass dies der erste Schritt sein muss.»
Kirch fordert Schadenersatz
In dem aktuellen Verfahren geht es um Forderungen Kirchs für Schäden bei der KGL Pool, in der 17 Firmen Kirchs gebündelt waren. Der Bundesgerichtshof hatte 2006 festgestellt, dass Kirch grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz zustehen könnte. In ihrem Urteil gingen die Bundesrichter dabei vor allem auf die Printbeteiligungs GmbH ein, in der Kirch seinen Anteil am Springer-Konzern gebündelt hatte. In einem ersten Verfahren zur Durchsetzung der Ansprüche für die Printbeteiligungs GmbH war Kirch jüngst gescheitert – und geht auch dagegen vor. In dem jetzt vor dem OLG stattfindenden Prozess war Kirch im März 2009 – ebenfalls vor dem Landgericht München I – mit dem Versuch gescheitert, Schadenersatz für die KGLPool zu bekommen. (awp/mc/ss)