Reto Francioni, Vorstandsvorsitzender Gruppe Deutsche Börse.
Frankfurt am Main – Nach Rückschlägen im zweiten Quartal will die Deutsche Börse in den nächsten Monaten auf dem Weg zur Fusion mit der NYSE wieder Boden gutmachen. «Wir glauben, dass wir starke Argumente in der Hand haben und dass der Zusammenschluss unseren Kunden enormen Nutzen bringen wird», sagte Finanzvorstand Gregor Pottmeyer am Freitag in einer Telefonkonferenz.
«Wir werden unsere konstruktiven Gespräche mit der EU-Kommission fortführen und sind zuversichtlich, dass wir die Transaktion bis Ende 2011 abschliessen können», sagte Pottmeyer. Die Aktionäre beider Konzerne stellten sich bereits mit grosser Mehrheit hinter das Projekt. Nun sind die Wettbewerbs- und Aufsichtsbehörden am Zug. Es wird erwartet, dass die Brüsseler Wettbewerbshüter die Fusion aufgrund der Komplexität des Falls tiefergehend prüfen werden. Es gilt zugleich aber als sehr unwahrscheinlich, dass sie die Mega-Fusion stoppen werden. «Verhandlungsnahe Kreisen» haben der «Börsen-Zeitung» vom Freitag die Anordnung einer vertieften Prüfung inzwischen bestätigt. Bis zum 4. August läuft die Frist für die kartellrechtliche Prüfung. Bis dahin wird Brüssel entscheiden, ob die Fusion eingehend untersucht wird. Dann könnte sich die Zustimmung bis ins neue Jahr hinziehen.
Rückläufige Umsätze im zweiten Quartal
Die Deutsche Börse hatte am Donnerstagabend nach Börsenschluss für den Zeitraum April bis Ende Juni 2011 sinkende Umsätze vermeldet. Dank Einsparungen konnte der Dax-Konzern dennoch einen zum Vorjahreszeitraum leicht gestiegenen Überschuss ausweisen. Der Umsatz sank im zweiten Quartal auf 528,6 (Vorjahreszeitraum: 564,4) Millionen Euro. Der Überschuss erhöhte sich auf 178,8 (160,8) Millionen Euro. Die Gesamtkosten verringerten sich auf 289,2 (356,0) Millionen Euro. Analysten hatten zwar mit sinkenden Erlösen gerechnet, jedoch nicht in dieser Grössenordnung. Auch beim Überschuss waren die Markterwartungen optimistischer. Die Aktie gehörte am Freitag mit einem Abschlag von knapp drei Prozent zu den grössten Verlierern im Dax .
Sinkende Handelsumsätze belasten
Die Deutsche Börse erklärte die Umsatzrückgänge mit dem starken Vorjahresquartal: Im Frühjahr 2010 hatte die Schuldenkrise Griechenlands und anderer Euro-Staaten für Unruhe gesorgt, der Euro war im Vergleich zum US-Dollar unter Druck geraten. Anleger schichteten ihre Bestände um, an den Börsen wurde viel gehandelt. Zwar hat sich das Umfeld kaum geändert, doch in diesem Jahr halten viele Anleger still. Die Folge: Im abgelaufenen Quartal hatte die Deutsche Börse mit sinkenden Handelsumsätzen zu kämpfen. Dank eines fulminanten Auftakts 2011 mit dem besten Quartal seit drei Jahren kam der Frankfurter Marktbetreiber im gesamten ersten Halbjahr dennoch zu besseren Ergebnissen als ein Jahr zuvor: Die Umsätze lagen etwas höher bei 1087,2 (1083,6) Millionen Euro, der Überschuss stieg auf 391,6 (317,7) Millionen Euro.
Kostenprognose bestätigt
An der Kostenprognose, der wichtigsten Prognose des Unternehmens, hielt die Detusche Börse trotz laut Equinet-Analyst Philipp Hässler «überraschend hoher Kosten im abgelaufenen Quartal» fest. Die Deutsche Börse rechnet weiterhin mit Gesamtkosten vor Restrukturierungsaufwendungen und Sondereffekten in Höhe von 1,145 Milliarden Euro. «Es gibt keinen Grund, die Prognose zu ändern», sagte Pottmeyer. Im zweiten Halbjahr gebe es noch ausreichend Spielraum für saisonale Effekte. (awp/mc/ps)