Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Berlin – Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält nichts von einer Umschuldung Griechenlands. «Ein Umschuldungsszenario wird von vielen, die es eigentlich wissen sollten, mit hohen Risiken bewertet», sagte er dem «Handelsblatt» (Donnerstagsausgabe). «Es könnte dazu kommen, dass sofort alle Kredite fällig gestellt würden – mit dementsprechenden Konsequenzen für die griechische Zahlungsfähigkeit», sagte Schäuble. Die Folgen könnten noch katastrophaler sein als nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers.
Der Finanzminister wirbt um Geduld in der Krise. «Zurzeit sieht es so aus, als ob die Griechen mehr Zeit brauchen könnten», sagte er. Er werbe in der EU auch dafür, über eine Investitionsförderung in Grichenland, etwa in erneuerbare Energien, nachzudenken. «Da müssen wir in der EU noch kreativer werden», sagte er. Den Gedanken, die Banken aktuell an der Lösung des Problems zu beteiligen, lehnt er ab. Sein Argument: «Es geht nun wirklich nicht darum, den Banken einen Gefallen zu tun. Wir alle haben ein überragendes Interesse an einem funktionierenden Finanzsystem. Eine Volkswirtschaft, bei der die Versorgung mit Geld nicht funktioniert, ist ähnlich schlecht dran wie eine Gemeinschaft, in der Strom und Wasser ausfallen.»
Deutsche Bundesbank weiter gegen «weiche Umschuldung» Griechenlands
Die Bundesbank hat ihre Ablehnung einer «weichen Umschuldung» durch die Verlängerung der Laufzeiten griechischer Anleihen bekräftigt. Das sei eine zentrale Frage der Geldpolitik, sagte der neue Bundesbankpräsident Jens Weidmann laut einem vorab veröffentlichten Interview in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)», dem ersten seit seinem Amtsantritt Anfang Mai. «Grundsätzlich dürfen die Folgen finanzpolitischer Fehler nicht auf die Notenbanken abgewälzt werden», forderte Weidmann.
«Monetarisierung von Staatsschulden»
Eine weiche Umschuldung, wie sie unter anderem vom luxemburgischen Finanzminister und Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker ins Spiel gebracht wurde, ist laut Weidmann das falsche Signal. Dies würde das Vertrauen in solide Staatsfinanzen in der Währungsunion untergraben. Ausserdem könnte eine weiche Umschuldung dazu führen, dass auch die Banken in anderen Euroländern in Schwierigkeiten geraten. Letztlich liefe eine weiche Umschuldung auf «eine Monetarisierung von Staatsschulden hinaus», sagte Weidmann und wiederholte damit eine Aussage, die er bereits Ende vergangener Woche bei einer Rede in Hamburg gewählt hatte. Dem würde sich die Bundesbank «ganz entschieden entgegenstellen». Die Verantwortung zwischen Geld- und Finanzpolitik muss laut dem Bundesbankpräsident «klar abgegrenzt bleiben».
Nicht grundsätzlich gegen Umschuldung
Die Bundesbank spreche sich allerdings nicht grundsätzlich gegen eine Umschuldung und schon gar nicht gegen eine Beteiligung der privaten Gläubiger aus, sagte Weidmann weiter. Eine Umschuldung werde es geben, sofern ein Land sich entscheiden sollte, seine Schulden nicht mehr zu bedienen, oder sich weigert, ein vereinbartes Anpassungsprogramm umzusetzen. Ein Ende des Kaufprogramms für Anleihen hochverschuldete Euroländer durch die Europäische Zentralbank (EZB) stellt Weidmann nicht in Aussicht. Aber das Programm ruhe. «Der EZB-Rat ist sich einig, dass das Programm befristet ist, diskutiert wird nur über den richtigen Zeitpunkt des Ausstiegs.»
Inflationserwartung bereitet Sorgen
Insgesamt sieht der Bundesbankpräsident die weitere konjunkturelle Entwicklung in Deutschland positiv. Die Grundtendenz in den vergangenen Monaten werde aber von «Aufhol- und Nachholeffekten überzeichnet. Weidmann rechnet zwar mit einem Aufschwung über einen längeren Zeitraum, allerdings nicht mehr mit der starken Wachstumsrate des ersten Quartals. Dabei bereitet die Inflationserwartung dem Bundesbankchef Sorge. Die langfristigen Erwartungswerte hätten etwas zugenommen. «Sie bleiben zwar noch verankert, aber wie beobachten dies aufmerksam», sagte Weidmann. (awp/mc/upd/ss)