Deutschland: Steuer-CD aus Luxemburg angekauft
Nach der Schweiz und Liechtenstein deckt sich der deutsche Fiskus nun in Luxemburg mit geklauten Kundendaten ein.
Düsseldorf – Rund 3000 mutmassliche Steuersünder müssen in den kommenden Wochen mit unangemeldetem Besuch rechnen. Bundesweit soll gegen sie eine konzertierte Aktion von Staatsanwaltschaften und Steuerfahndern in Vorbereitung sein. Das nordrhein-westfälische Finanzministerium hatte am Donnerstagabend den Ankauf einer Steuer-CD mit Bankdaten aus Luxemburg bestätigt. Eine ganze Reihe von Bundesländern gab am Freitag bekannt, dass sie entsprechende Daten erhalten haben. Neben Nordrhein-Westfalen bestätigten Hessen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg das Vorliegen entsprechender Informationen.
Berlin und Sachsen sahen sich nicht betroffen, andere Länder wollten sich mit Hinweis auf die Ermittlungen nicht äussern. Das Vorgehen sei nach Auffassung der Bundesregierung rechtmässig und mit ihr abgestimmt, teilte eine Sprecherin des Finanzministeriums in Berlin am Freitag mit. Zu den beabsichtigten Massnahmen, über die «Spiegel Online» und die «Financial Times Deutschland» zuerst berichteten, hielten sich die Behörden bedeckt. «Wir kommentieren das nicht», hiess es bei der Bochumer Staatsanwaltschaft, bei der die Federführung der Ermittlungen liegen soll. Auch ein Sprecher des luxemburgischen Finanzministeriums lehnte eine Stellungnahme ab.
«Neu ist, dass es nun Luxemburg betrifft»
Die Deutsche Steuergewerkschaft begrüsste den Ankauf der Daten-CD. Dies sei derzeit das einzige effiziente Mittel, um den Tätern auf die Schliche zu kommen und Druck für mehr Steuer-Ehrlichkeit aufzubauen. «Neu ist, dass es nun Luxemburg betrifft», sagte der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, der Nachrichtenagentur dpa. «Wir dachten, dass man dort auf dem Pfad der Seriosität ist, aber de facto muss man Luxemburg wohl als Steuer-Oase bezeichnen und davon ausgehen, dass das nur die Spitze des Eisbergs ist. Ich schätze, dass etwa 50 Milliarden Euro unversteuertes Geld in Luxemburg liegt.»
Kunden vorgewarnt
Zur Tatsache, dass eine bestimmte Bank im Gespräch ist und damit ihre Kunden vorgewarnt sein dürften, sagte Eigenthaler: «Es widerspricht normalerweise gutem ermittlungstaktischem Vorgehen, eine Razzia vorab zu verraten. Ich kann nur hoffen, dass das nicht in der Absicht geschehen ist, sie zu vereiteln.» Laut «Süddeutscher Zeitung» («SZ»/Samstag) stehen Durchsuchungen bei den Verdächtigen unmittelbar bevor. Nach dem Informationsleck sollen die eigentlich für November geplanten Durchsuchungen nun früher stattfinden, schreibt die Zeitung ohne Angabe von Quellen.
Rund 3’000 Datensätze
Auf dem Datenträger befinden sich den Medienberichten zufolge Datensätze von 3.000 deutschen Kunden mit Geld bei einer Tochter der britischen Grossbank HSBC in Luxemburg. Laut «Spiegel Online» wird die CD seit dem Ankauf von Wuppertaler Steuerfahndern und der Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Bochum ausgewertet. Nach Angaben der «SZ» soll die Zahl tatsächlicher Steuerverfahren, die sich aus der CD ergibt, nur bei etwa 1.200 liegen. Die Bochumer Staatsanwälte waren bereits an Ermittlungen gegen Steuersünder beteiligt, die Schwarzgeld nach Liechtenstein gebracht hatten. Der Staat hat insgesamt Beträge in dreistelliger Millionenhöhe eingenommen. Prominentester Steuerhinterzieher war Ex-Postchef Klaus Zumwinkel. Er wurde vor Gericht gestellt und verurteilt.
Bereits zu spät für strafbefreiende Selbstanzeige
Der Ankauf der Daten-CDs hatte tausende Steuersünder dazu veranlasst, Selbstanzeige zu erstatten. Offenbar seien die Ermittlungen diesmal so weit fortgeschritten, dass es für eine strafbefreiende Selbstanzeige zu spät sei, sagte Eigenthaler. Strafmildernd wirke nur noch ein möglichst schnelles Geständnis. Auch für das betroffene Bankhaus kann der Datenverlust teuer werden: Das Schweizer Geldhaus Julius Bär zahlte in einem ähnlichen Fall 50 Millionen Euro an die Justiz. Vor wenigen Wochen hatte sich die Grossbank Credit Suisse bereiterklärt, 150 Millionen Euro zu bezahlen. Das Landgericht Düsseldorf muss dem noch zustimmen. (awp/mc/ps)