Bern – Der Fall angeblicher Manipulationen von Devisenkursen zieht in der Schweiz weitere Kreise. Nach der Finma untersucht nun auch die Wettbewerbskommission (Weko), ob es zwischen Finanzinstituten zu unzulässigen Absprachen im Devisenhandel gekommen ist.
Die Weko hat eine Untersuchung gegen die Schweizer Banken UBS und Credit Suisse, die Zürcher Kantonalbank, die Bank Julius Bär sowie die ausländischen Finanzinstitute JP Morgan Chase, Citigroup, Barclays Bank und Royal Bank of Scotland eröffnet.
Es bestünden Anhaltspunkte, dass zwischen den Banken Wettbewerbsabreden zur Manipulation von Wechselkursen im Devisenhandel getroffen worden seien, schreibt die Weko in einer Mitteilung vom Montag. Bereits Ende September hatte die Behörde in der gleichen Sache eine Vorabklärung eröffnet.
Verdachtsmomente erhärtet
Offensichtlich haben sich die Verdachtsmomente gegen die Banken nun erhärtet. Konkret geht es unter anderem um den Austausch von vertraulichen Informationen und die koordinierte Absprache der Preise im Handel mit anderen Finanzinstituten. Die Weko geht davon aus, dass die wichtigsten Währungen betroffen sind. Ausserdem schliesst die Kommission nicht aus, dass sich der Kreis der Verdächtigen noch erweitern könnte.
Auf Anfrage wollte sich die Weko nicht genau zu den laufenden Ermittlungen äussern. Olivier Schaller von der Weko sagte gegenüber AWP lediglich: «Es ist unmöglich zu sagen, wie lange die Untersuchung dauern wird. Es gibt sehr viel Material, das geprüft werden muss.»
Dabei stehen der Behörde eine Reihe von Ermittlungsinstrumenten zur Verfügung. Die Palette reicht von schriftlichen Anfragen, über Befragungen bis zu Hausdurchsuchungen.
Credit Suisse reagiert befremdet – Weko hat offenbar Anhaltspunkte
Die Banken gaben sich in ersten Reaktionen – abgesehen von der CS – relativ zurückhaltend und bedeckt. Julius Bär erklärte gegenüber AWP, dass bereits interne Untersuchungen durchgeführt worden seien und dabei keinerlei Hinweise auf missbräuchliches Verhalten gefunden worden seien.
Die UBS verwies auf eine interne Prüfung des eigenen Devisengeschäftes. Weitere Details nannte die Grossbank aber nicht. Die Zürcher Kantonalbank ZKB erklärte, sie werde mit der Weko kooperieren. Mit einem Umsatzanteil am Devisenkassamarkt von ca. 0,2% spiele sie im internationalen Vergleich allerdings eine «untergeordnete Rolle».
Relativ heftig reagierte einzig die Credit Suisse. Die Bank habe die Mitteilung der Weko «mit Befremden zur Kenntnis genommen», heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme. Man sei nicht Gegenstand der bei anderen Bankinstituten durchgeführten Vorabklärungen der Wettbewerbsbehörde gewesen. Die Weko-Mitteilung enthalte somit Informationen, die nicht zutreffen würden. «Derartige Vorwürfe zum jetzigen Zeitpunkt sind daher unangebracht und rufschädigend,» wehrt sich die Bank. Sie will aber mit den Behörden in der Angelegenheit trotzdem uneingeschränkt kooperieren.
Die Weko wiederum hat offenbar Anhaltspunkte, dass auch die CS mit von der Partie bei den Manipulationen war. Sie schreibt in einer Stellungnahme gegenüber AWP: «Damit eine Untersuchung eröffnet werden kann, müssen Anhaltspunkte für einen Wettbewerbsverstoss gegeben sein. Dies ist hier der Fall und diese Anhaltspunkte betreffen auch die CS. In der Untersuchung wird nun zu prüfen sein, ob sich diese Anhaltspunkte bestätigen oder nicht.»
Banken schon länger im Visier
Bereits seit letzten Sommer kursieren Berichte über Tricksereien bei der Festlegung von Referenzkursen für viele Währungen. Seither haben die Aufsichtsbehörden rund um den Globus den Druck auf Banken und Händler verschärft, die mutmasslich in die Manipulationen verwickelt sind.
Die Eidg. Finanzmarktaufsicht (Finma) hatte Anfang Oktober eine Untersuchung bei mehreren Banken des Landes gestartet, die sie im Verdacht hat, Referenzkurse für eine Reihe von Währungen bewusst manipuliert zu haben. Die Weko steht zwar in Kontakt mit der Finma, die Untersuchungen sind aber unabhängig voneinander, wie es bei der Weko heisst.
Die britische Finanzmarktaufsicht FCA geht Berichten über Kurstricksereien schon seit dem Sommer nach. In Deutschland hat die Finanzaufsicht BaFin offenbar keinen konkreten Verdacht, dass eine deutsche Bank an den Manipulationen beteiligt war.
Die Weko steht laut Schaller auch mit den ausländischen Behörden in Kontakt. «Es gibt diesbezüglich eigentlich ein bilaterales Abkommen, das allerdings vom Parlament noch nicht ratifiziert wurde. Entsprechend geschieht die Zusammenarbeit auf traditionelle Weise», sagte er gegenüber AWP.
Derweil ziehen auch die Banken weitere Konsequenzen. Erst letzte Woche soll die UBS laut Medienberichten (weitere) sechs Devisenhändler wegen des Verdachts auf Manipulationen freigestellt haben, davon drei in New York, zwei in Zürich und einen in Singapur. Gemäss der britischen «Financial Times» sind im Zusammenhang mit den Untersuchungen insgesamt bereits 30 Händler bei rund einem Dutzend Banken suspendiert oder entlassen worden.
Die Referenzkurse dienen Unternehmen und Profi-Anlegern wie Investmentfonds als Basis für ihre Währungsgeschäfte. Am Devisenmarkt werden pro Tag Währungen im Wert von mehr als fünf Bio USD gehandelt. (awp/mc/upd/ps)