St. Gallen – Die Frankenstärke liess Ende 2015 nichts Gutes für die Schweizer Wirtschaft erwarten. Der Ausblick war düster. Ein Jahr später stellt sich heraus: Ganz so zäh war es nicht. Die Devisenmarktinterventionen der SNB und der stabile Euro/Franken-Wechselkurs haben die Planungssicherheit der Schweizer Exportfirmen verbessert. Auch die Entwicklung des US-Dollars und die positive Wirtschaftsentwicklung in der Eurozone waren günstige Faktoren. Das andauernde Rätselraten um die US-Leitzinserhöhungen beschäftigte aber das ganze Jahr. „Neu war, dass die Fed internationale Entwicklungen wie die Abwertung der Schwellenländerwährungen oder den Brexit-Entscheid bei ihren geldpolitischen Entscheiden berücksichtigte“, sagte Thomas Stucki, Chief Investment Officer der St. Galler Kantonalbank.
Ein starkes Nervenkostüm war im vergangenen Jahr das A und O für alle Aktien-Anleger. Zum Jahresanfang wurden die Aktienmärkte vom tief gefallenen Ölpreis, wirtschaftlichen Ängste um China und den Befürchtungen einer Rezession in den USA durchgeschüttelt. Später kamen der Brexit-Entscheid in Grossbritannien, die Unsicherheit über die weitere US-Geldpolitik sowie der Wahlkampf um die US-Präsidentschaft als Stressfaktoren hinzu. Die Börsen zeigten jedoch Nehmerqualitäten und die Aktienkurse haben sich immer wieder erholt. In der Schweiz betraf dies vor allem die Titel mittlerer und kleiner Firmen, währen die grossen internationalen Konzerne im SMI insgesamt eine schwache Börsenperformance hinlegten
Fünf Thesen für das Anlagejahr 2017
These 1: Die Schweiz erlebt erstmals seit sieben Jahren wieder „Teuerung“.
Ins Jahr 2016 startete die Schweizer Wirtschaft mit einer Inflationsrate von minus 1.4%. Zum Jahresende hat sich der negative Preisdruck nicht umgedreht, aber immerhin abgeflacht. Mit einem kleinen Minus von 0.2% hat sich die deflationäre Tendenz deutlich abgeschwächt. Im kommenden Jahr wird die Inflation wieder in den positiven Bereich und bis Ende 2017 auf +0.5% steigen. Steigende Rohwarenpreise und eine erstarkende Nachfrageseite sind die wesentlichen Preistreiber. Die SNB wird die geldpolitische Lage entspannter beurteilen wird. Weil die Inflationsrate weit vom SNB-Inflationsziel von 2% notiert, kann die SNB aber stark expansiv bleiben. Auch die Negativzinsen stehen aufgrund des nach wie vor starken Frankens nicht zur Diskussion. Diese werden die Anlegerinnen und Anleger auch durchs Börsenjahr 2017 begleiten.
These 2: Die Fed erhöht gemächlich die Zinsen, EZB und SNB bleiben expansiv.
Die kurzen und die langen US-Zinsen werden im kommenden Jahr steigen. Diese Entwicklung wird die langfristigen Zinsen auch in der Schweiz und der Eurozone nach oben ziehen, wenn auch weniger stark als in den USA. Die kurzen Zinsen bleiben aber in beiden Regionen tief, die Zinskurve wird steiler. Die SNB wird sich bei ihren Zins-Entscheiden an der geldpolitischen Ausrichtung der EZB orientieren und diese bleibt aufgrund der aus ihrer Sicht zu tiefen Inflation und dem zu schwachen Wirtschaftswachstum in der Eurozone expansiv. Die Wertentwicklung des Frankens bleibt für die SNB von grösster Bedeutung. Weil die Deviseninterventionen die SNB-Bilanzsumme stark erhöhen, wird die Nationalbank auch im kommenden Jahr auf die Negativzins-Karte setzen, um den Franken unattraktiv zu machen.
These 3: US-Dollar verliert an Wert, daran ändern auch steigende US-Zinsen nichts.
Trotz dem fortschreitenden Fed-Zinserhöhungszyklus wird der US-Dollar unter Abgabedruck geraten. „Der Greenback kann zwar jeweils im Vorfeld einer möglichen US-Zinserhöhung zulegen. Aber mit jedem weiteren Zinsschritt wird sich dieser Effekt abschwächen. Darum wird der US-Dollar sich im Verlaufe der nächsten zwölf Monate abwerten“, meint Thomas Stucki zur US-Dollar Entwicklung. Der Euro profitiert dagegen von der aufkommenden Diskussion über das Ende der ultra-expansiven Geldpolitik.
These 4: Guter Jahresstart für die Aktienmärkte, aber die Spielverderber sind in den Startlöchern
Der Nährboden für eine positive Entwicklung des Aktienmarktes ist vor allem zum Jahresbeginn gelegt. Zu Beginn des Jahres bleibt die Geldpolitik der Zentralbanken in ihren Grundzügen expansiv und das Zinsniveau tief. In den USA werden viele Infrastrukturprojekte aus der Taufe gehoben und die vorlaufenden Wirtschaftsindikatoren werden weiterhin eine expansive Konjunkturentwicklung signalisieren. Spätestens zur Jahresmitte kommen die Spielverderber wieder vermehrt zum Zug. „Dazu gehören die restriktiver werdende Geldpolitik in den USA und die Erwartung, dass auch in der Eurozone irgendwann die Geldpolitik wieder restriktiver werden muss. Die Abwertung des Yuan illustriert, dass Chinas Entwicklung ebenfalls von Unsicherheiten geprägt ist. Sie ist ein Belastungsfaktor für die Entwicklung der Aktienmärkte weltweit. Einen Bärenmarkt erwarten wir nicht, aber mehr Unruhe und zwischendurch wieder deutlich negative Marktphasen“, meinte Caroline Hilb Paraskevopoulos, Leiterin Anlagestrategie und Analyse St. Galler Kantonalbank.
These 5: Weil die Zinsen steigen kommt der Goldpreis unter Abgabedruck.
Echt positive Treiber für den Goldpreis wird es 2017 nicht geben. Vermehrte Diskussionen um wieder steigende Inflationsraten werden ihn unterstützen. Aber die steigenden Zinsen in den USA erhöhen die Opportunitätskosten für das zinslose Gold, was die Anlage unattraktiver machen wird und den Goldpreis auch entsprechend belastet.
Anlagestrategie für den Start ins Jahr 2017
Obligationen: Die Obligationen werden untergewichtet; sie sind wegen der tiefen Renditen und der Aussicht auf eher steigende als fallende Zinsen nicht attraktiv. Der Hauptteil besteht aus Franken-Anleihen mit einer guten Kreditqualität. Um die Renditeaussichten zu optimieren wird die konservative Obligationenallokation mit High Yield Anleihen und Global Bonds ergänzt, wobei bei der zweiten Ergänzung das Währungsrisiko abgesichert ist.
Aktien: Die St.Galler Kantonalbank hält bei der Aktienallokation ein Gleichgewicht gegenüber der Benchmark. Auf Ebene Regionen wird ein Übergewicht bei den US-Aktien und Schweizer Aktienmarkt umgesetzt. Bei den US-Aktien ist von positiven Impulsen der US-Binnenkonjunktur auszugehen. Zu erwarten ist, dass positive Impulse für die globalen Aktienmärkte aus den USA kommen. Auf der anderen Seite zeigt sich, dass der US-Aktienmarkt in unsicheren Zeiten wesentlich weniger stark mit Kursausschlägen oder –abschlägen reagiert als die zyklischen Aktienmärkte der Schwellenländer oder der Eurozone. Der Schweizer Aktienmarkt ist im internationalen Vergleich zurückgeblieben. Daraus ergibt sich positives Potenzial, vor allem in Kombination mit den verbesserten Konjunkturaussichten für die Schweiz. Der Pharmasektor und andere internationale Unternehmen dürften von der positiven Entwicklung der Weltwirtschaft profitieren.
Rohwaren: Der Goldpreis wird weiterhin unter Abwertungsdruck bleiben. Vor allem der Anstieg der US-Zinsen und kaum Sorge vor stark steigender Inflation nehmen dem Goldpreis die Preisfantasie. Die St.Galler Kantonalbank hält kein Gold in ihren Portfolios. Auch von anderen Rohstoffen wird mangels Preisphantasie nach oben Abstand gehalten. (SGKB/mc/ps)