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Zürich – Die rasante weltweite Entwicklung von Startups in der Fintech-Industrie wird zu wesentlichen Verschiebungen in der globalen Finanzindustrie führen. Innovationen im Fintech-Bereich führen zu einer Aufspaltung der Wertschöpfungskette und treiben so die Spezialisierung sowie Kooperationen zwischen etablierten Finanzdienstleistern und den Fintech-Startups weiter voran. Der Finanzplatz Schweiz bietet für Fintech-Unternehmen eine vielversprechende Ausgangssituation, wie eine Studie von Roland Berger und Swiss Finance Startups zeigt.
Im Vergleich zu den führenden Fintech-Hubs (Bsp. London oder Silicon Valley) liegt die Schweiz aber noch deutlich hinter den Erwartungen zurück. Mit einer Öffnung über die Landesgrenzen hinaus, kann die Schweiz ihr Potenzial als globaler Fintech-Hub stärken und weiter ausbauen. Rund Dreiviertel der befragten Schweizer Fintech-Unternehmen geben an, dass sie ihre Produkte und Dienstleistungen welt- bzw. europaweit vertreiben möchten. Für die Weiterentwicklung des Fintech-Hub Schweiz werden nebst einem gesunden Wettbewerb auch innovative Kooperationen und erste Erfolgsgeschichten von entscheidender Bedeutung sein.
Die globale und nationale Fintech-Welt dreht sich rasant. London als einer der führenden Fintech-Hubs führt seine starke Wettbewerbsposition einerseits auf seiner Rolle als globales Finanzzentrum und andererseits auf einer frühen Standortpolitik zur selektiven Förderung der zukunftsträchtigen Fintech-Industrie zurück. Andere wichtige Fintech-Hubs zeichnen sich durch ein unternehmerisches Umfeld (bspw. Silicon Valley), eine breite, attraktive Kundenbasis (bspw. New York oder Singapur) sowie einer breiten Innovationskraft über verschiedene Branchen (bspw. Berlin) aus. Die rasante Entwicklung der Schweiz als Fintech-Hub spiegelt sich in den Zahlen wieder: mehr als die Hälfte der befragten Fintech-Unternehmen wurden in den Jahren 2014 / 2015 gegründet.
Sehr gute Ausgangslage für die Schweiz
Der Finanzplatz Schweiz bietet für Fintech-Unternehmen eine vielversprechende Basis um auch im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Dafür sprechen die geballte Finanzindustrie-Expertise und die zahlreichen Finanzdienstleister, insbesondere im Business-to-Business-Bereich (B2B). So die neue Studie von Roland Berger in Kooperation mit Swiss Finance Startups in Zürich, die im Rahmen der Fintech Nite lanciert wurde. Die Studie basiert auf Expertengesprächen mit Fintech-Startups, etablierten Finanzdienstleistern, Technologie-Unternehmen, der FINMA sowie Vertretern aus der Politik und Investoren. Darüber hinaus wurde eine repräsentative Internetumfrage unter mehr als 50 Schweizer Fintechs durchgeführt.
Die Fintech-Stärken der Schweiz
Als wettbewerbsfähig zeigt sich die Schweiz vor allem in den Bereichen von gut ausgebildeten Arbeitskräften und einer attraktiven Kundenbasis, speziell im Banken- und Versicherungsbereich. Es hat sich auch gezeigt, dass die Schweizer Fintech-Industrie in den Disziplinen «Investment / Wealth Management» und «Crypto / Blockchain» derzeit stark wächst und dabei auf die Stärken des Finanzplatzes Schweiz – Vermögensverwaltung, Sicherheit und Stabilität – aufbauen kann.
«Positiv ist, dass unsere Fintech-Industrie gerade in den letzten Monaten wesentlich an Fahrt aufgenommen hat. Für die erfolgreiche Weiterentwicklung eines Schweizer Fintech-Hub werden nebst einem gesunden Wettbewerb, Weiterentwicklung von innovativen Ideen und deren schneller Implementierung auch eine gezielte Zusammenarbeit zwischen neuen Unternehmen und den etablierten Finanzdienstleistern von entscheidender Bedeutung sein», so Philipp Angehrn, Managing Partner bei Roland Berger in Zürich.
Schweizer Fintech-Herausforderungen
Trotz einiger positiver Nachrichten liegt die Schweiz gegenüber den weltweit führenden internationalen Fintech-Hubs aus unterschiedlichen Gründen dennoch zurück. «Ausbaufähig sind vor allem die politische Unterstützung und die regulatorischen Rahmenbedingungen. Diese müssen so gestaltet sein, dass der Finanzplatz Schweiz auch in Zukunft eine bedeutende internationale Rolle spielt und dass der Fintech-Szene keine zusätzlichen Steine in den Weg gelegt werden. Zudem müssen wir es schaffen mehr professionelle Startup Investoren in die Schweiz zu holen, um die guten Fintech-Startups zu kapitalisieren», so Urs Haeusler, Gründer von Swiss Finance Startups.
«Die Studie zeigt klar auf, wir können uns nicht darauf verlassen, dass wir als heute etablierter globaler Finanzplatz auch in Zukunft eine entscheidende internationale Rolle in der Finanzindustrie spielen werden. Fintech ist für die Schweiz eine grosse Chance weiterhin eine gewichtige Rolle in der globalen Finanzmarkindustrie zu spielen», fügt Philipp Angehrn an.
Handlungsempfehlungen für die nahe Zukunft
«Nur mit einer Öffnung über die Landesgrenzen hinaus, kann die Schweiz ihr Potenzial als globaler Fintech-Hub stärken und damit private Investoren sowie globale Venture Capitalists anziehen. Dies wird für den langfristigen Erfolg massgeblich sein», sagt Urs Haeusler. Dies gilt im B2B-Bereich, aber vor allem auch im B2C-Bereich, wo der Schweizer Heimmarkt international gesehen sehr klein ist. Zahlreiche Schweizer Fintechs haben das bereits erkannt.
So haben 74% der befragten Unternehmen angegeben, dass sie bereits heute ihre Produkte und Dienstleistungen welt- beziehungsweise europaweit vertreiben möchten. Weiter planen diese im Durchschnitt ihre Anzahl der Mitarbeiter im Ausland bis 2016 mehr als zu verdreifachen und hingegen in der Schweiz maximal zu verdoppeln. Um dieses Wachstum zu finanzieren, wollen 61% der Befragten bis Ende 2016 mehr als CHF 1 Mio. Risikokapital einsammeln – 15% möchten sogar mehr als CHF 10 Mio. von Investoren dafür erhalten.
Damit die Schweiz den Anschluss gegenüber den anderen Regionen nicht verpasst, sollte sie das Fintech-Ökosystem weiter ausbauen und alle Stakeholder (traditionelle Finanzunternehmen, Investoren, Regulierungsbehörde, Politik etc.) entsprechend involvieren. Weiter sollte auch der direkte Dialog mit der Politik und der Aufsichtsbehörde weiter verstärkt werden. Dies ist besonders wichtig, da die Schweiz keine Historie zur gezielten Förderung von Wirtschaftszweigen hat. Die Innovation muss aber zwingend von den Fintech-Startups kommen, während die Politik und Aufsichtsbehörde dafür die Rahmenbedingungen optimal gestalten müssen. (mc/pg)