Digital Payments-Markt wächst markant – Banken profitieren kaum
Zürich – Bargeldloses Zahlen wird immer beliebter. Gemäss der Unternehmensberatung A.T. Kearney beträgt das jährliche Wachstum seit 2010 sechs Prozent. Die Experten erwarten daher, dass die Einnahmen im Bereich der digitalen Bezahlsysteme in den nächsten zehn Jahren von 80 auf 111 Mrd Euro ansteigen werden.
Für die aktuelle Studie zu sogenannten Digital Payments hat A.T. Kearney knapp 60 europäische Führungskräfte von Banken, Payment-Anbietern und -Händlern befragt. „Wachstum können Finanzdienstleister beinahe nur noch im Markt für Bezahlsysteme erwarten, wo die Digitalisierung stetig voranschreitet. Hier aber konkurrieren die Banken mit reinen Digital-Dienstleistern und Angeboten grosser Onlinehändler, die oft näher am Kunden sind“, kommentiert Andreas Pratz, Partner bei A.T. Kearney und Leiter des Digital Payments Teams die Ergebnisse der Studie „Cashing in on Cashless Commerce“. „Nur wenn es den Banken gelingt, ihre Bezahlangebote zu digitalisieren, werden sie dem Wettbewerb mit spezialisierten Dienstleistern standhalten“, meint Pratz.
Schweiz mit Spielraum nach oben
Die Schweiz ist immer noch ein starker Bargeld-Markt – in Sachen bargeldloser Zahlung kann man noch nicht zur Spitze aufholen. Immerhin liegt die Schweiz aber mit 24 Bezahlterminals pro 1‘000 Einwohnern weit über dem europäischen Durchschnitt von 17. Mit 101 Transaktionen pro Jahr bezahlen die Schweizer weit häufiger mit der Karte als beispielsweise die Deutschen (55-mal) – genug Spielraum nach oben bleibt jedoch. So wird in Norwegen 400-mal jährlich bargeldlos bezahlt. „Europaweit erwarten wir, dass sich die Anzahl der Transaktionen ohne Bargeld bis 2025 auf knapp 238 Milliarden verdoppeln werden“, berichtet Finanzexperte Pratz. „In der Schweiz rechnen wir mit einem überdurchschnittlichen Wachstum der Kartenzahlung um sechs Prozent“, ergänzt Frederick Michna, Berater bei A.T. Kearney und Co-Autor der Studie.
Kontaktloses und mobiles Zahlen werden immer wichtiger
Verschiedene Entwicklungen unterstützen diesen Trend: Neben einer im letzten Jahr durchgeführten und einer weiteren, für 2017 bereits beschlossenen Senkung der Interchange Fee für Kreditkarten vereinfachen vor allem Innovationen wie kontaktloses oder mobiles Bezahlen die Nutzererfahrung. Für Kunden werden solche Systeme immer wichtiger, verlagert sich doch der Bezahlvorgang durch Online-Shopping zunehmend ins Internet. Für E- und M-Commerce können Wachstumsraten von 10 Prozent verzeichnet werden (klassischer Detailhandel in Europa nur 2 bis 3 Prozent). Diesen Befund teilt auch ein Drittel der befragten Führungskräfte, die dem Einkauf im Internet eine Schlüsselrolle für die digitale Transformation der Payment-Funktion zusprechen.
Klassische Einnahmequellen der Banken, wie das Geschäft mit traditionellen Zahlverfahren (Überweisung, Lastschriften) oder der Ausgabe von Karten, wachsen dagegen nur langsam (um 6 Mrd auf 59 Mrd Euro). Das grösste Wachstumspotenzial spezialisierter Zahlungsdienstleister liegt im Händlergeschäft und im Geschäft mit alternativen Zahlungsmethoden – einem Bereich, den grosse internationale Anbieter beherrschen. In beiden Segmenten wird eine Verdopplung des Marktvolumens von 27 auf 52 Mrd. Euro erwartet. Der Anteil der Banken am Payment-Umsatz dürfte dagegen sinken: von zwei Dritteln Marktanteil heute auf voraussichtlich nur noch die Hälfte im Jahr 2025.
Der Markt im Umbruch
Ein Blick in die Zukunft zeigt: Die wichtigsten Umbrüche in Europa liegen beim sogenannten „Kontozugang für Dritte“. Ab 2018 sind Drittanbieter berechtigt, Zugang zu Kontoinformationen zu bekommen und Überweisungen im Namen des Kontoinhabers zu veranlassen. 32 Prozent der befragten Payment-Experten in Banken sehen darin die entscheidende Veränderung für ihr Geschäft. Mobile Wallets (26%) und Instant Payment (21%), also eine elektronische Bezahlung in weniger als fünf Sekunden, bewerten die Studienteilnehmer als die grössten externen Umbrüche, die den Markt von aussen verändern werden.
„Vernetzte Geräte werden unsere Art zu bezahlen schneller verändern, als die meisten erwarten – schon 2020 wird jeder Bürger weltweit mindestens dreieinhalb vernetzte Geräte nutzen, die Einkäufe aufgrund herausgebildeter Präferenzen tätigen und Zahlungen auslösen können“, warnt Pratz. Solch ein automatisierter Handel erfordere daher auch einen ebenso reibungslosen Zahlungsverkehr. „Banken können letztendlich nur profitieren, wenn sie es schaffen, für ihre Kunden alle Zahlungsströme zu integrieren und Transparenz und Überblick über ihre Ausgaben zu ermöglichen. Voraussetzung bleibt allerdings, dass sich alle Akteure auf eine neue Innovationswelle einlassen“, schliesst Pratz. (A.T. Kearney/mc/pg)