Bern – Digitales Zentralbankgeld für alle bringt der Schweiz keinen zusätzlichen Nutzen, wenigstens heute. Bundesrat und Nationalbank wollen das Thema aber doch weiterverfolgen, denn technologische Entwicklungen und ein geändertes Zahlungsverhalten könnten künftig zu einem anderen Schluss führen.
Der Bundesrat hat in einem am Freitag genehmigten Bericht Möglichkeiten, Chancen und Risiken eines Kryptofrankens oder e-Frankens analysieren lassen. Den Auftrag dazu hatte der Nationalrat mit der Überweisung eines Postulates von Cédric Wermuth (SP/AG) erteilt.
Viele zahlen bar
Mit dem Begriff «digitales Zentralbankgeld» ist Geld gemeint, dass im konkreten Fall die Schweizerische Nationalbank (SNB) schaffen würde, um es der breiten Bevölkerung zugänglich zu machen. Es wäre eine Ergänzung zum Notengeld und den Sichtguthaben, die die Geschäftsbanken bei der Zentralbank halten.
Laut dem Bericht könnte mit digitalem Zentralbankgeld sichergestellt werden, dass die Menschen im Land angesichts des Trends zum bargeldlosen Zahlungsverkehr Zugang zu Zahlungs- und Finanzdienstleistungen haben. Weil aber in der Schweiz noch immer viele bar bezahlten, sei kein Bedarf da für einen Kryptofranken.
Das Bargeld erfüllt auch das Bedürfnis nach «sicherem» Geld, also Geld ohne Schuldnerrisiko. Für Sicherheit in dieser Beziehung sorgen laut Bericht auch Geldanlagen bei Finanzinstituten mit Staatsgarantie. Die Widerstandsfähigkeit der Banken und die Absicherung der Kundengelder seien zudem gesetzlich verstärkt worden.
Weder effizienter noch sicherer
Digitales Zentralbankgeld könne den Zahlungsverkehr im Inland weder effizienter noch sicherer machen, heisst es im Bericht weiter. Den Bedarf nach Verbesserungen beim grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr könne der Kryptofranken nicht lösen – eine bessere Interoperabilität und Koordination würde mehr bringen.
Ob digitales Zentralbankgeld geeignet wäre, um Finanzkriminalität – zum Beispiel Steuerdelikte, Geldwäscherei, oder die Finanzierung von Terrorismus – zu bekämpfen, ist laut dem Bericht nicht sicher. Die heutigen Gesetze seien zielführender. Hingegen könnte digitales Zentralbankgeld ein lohnendes Ziel sein für Cyberkriminelle.
Negativ beurteilt wird das digitale Zentralbankgeld im Bericht für die Geldpolitik der SNB. Der geldpolitische Spielraum würde nicht grösser. Je nach Ausgestaltung des digitalen Schweizer Zentralbankgeldes könnte dieses im Ausland gefragt sein.
Auch die SNB lehnt die Schaffung eines allgemein zugänglichen Kryptofrankens zurzeit ab und verweist auf die Risiken, etwa in Sachen Finanzstabilität. Nationalbankpräsident Thomas Jordan hatte bereits im Januar 2018 vor der Einführung von digitalem Zentralbankgeld für Private gewarnt.
«Wholesale Token» als Möglichkeit
Mehr versprechen könnte digitale Zentralbankgeld, das nur für Finanzmarktakteur erhältlich ist. So genannte «Wholesale Token» in Zentralbankgeld könnten möglicherweise dazu beitragen, die Effizienz im Handel, der Abwicklung und der Bewirtschaftung von Wertschriften zu erhöhen, heisst es im Bericht.
Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat sich 2018 bei 63 Zentralbanken erkundigt nach Arbeiten an digitalem Zentralbankgeld. Demnach befassen sich zwar viele mit dem Thema, doch nur wenige hatten Pläne, innert einem bis drei Jahre oder einem bis sechs Jahren digitales Zentralbankgeld herauszugeben.
Die Banken seien nicht überzeugt, dass die Vorteile die Nachteile überwögen, lautet die im Bericht zitierte Schlussfolgerung der BIZ. Die Ausgabe von digitalen Währungen planen derzeit unter anderem die Zentralbanken von Schweden und China. (awp/mc/pg)