Zürich – Mit Blick auf den aktuellen Monat Dezember und damit auch für den Rest des Geschäftsjahres 2023 sollte die positive Stimmung anhalten. Die aktuelle Jahresendrallye könnte sich daher fortsetzen, aber ob das auch auch im kommenden Jahr der Fall sein wird, bleibt abzuwarten.
Vom Strategie-Team der DJE Kapital AG
2024 wird voraussichtlich schwieriger an den Kapitalmärkten, und es muss mit (temporären) Verwerfungen gerechnet werden. Viele Marktteilnehmer sind aus unserer Sicht zu optimistisch mit Blick auf baldige Leitzinssenkungen. Das hohe Zinsniveau hat seine Auswirkungen in der Wirtschaft bis jetzt noch nicht voll entfalten können. Diese Entwicklung steht erst am Anfang. Es ist daher möglich, dass Unternehmensgewinne stärker zurückkommen als erwartet. Aus diesem Grund stellen wir uns im Aktienbereich defensiver auf und haben Sondersituationen im Blick. Einen massiven Einbruch an den Märkten erwarten wir derzeit aber nicht. Anleihen sollten 2024 besser laufen als Aktien, denn nach einer Zinspause sind die Anleihenmärkte historisch immer gestiegen. Kurzfristig könnte aber eine zu starke Leizinssenkung eingepreist sein – eine Korrektur würde eine erneute Einstiegsgelegenheit eröffnen.
Chancen
- Jahr der Anleihen 2024: Anleihen ab Investmentgrade mit mittlerer Laufzeit sowie ausgewählte länger laufende (Staats-)Anleihen und ausgewählte Emerging-Markets-Anleihen (auch in Lokalwährung)
- Defensive Aktien: Unternehmen, deren Geschäftsmodell bei hohen Margen weitgehend konjunkturunabhängig ist und die im Idealfall zusätzlich ein gewisses Kostensenkungspotenzial haben
- Safe Haven Assets: Gold oder auch Schweizer Franken
- Künstliche Intelligenz (KI): Sondersituationen wie KI sollten auch im Jahr 2024 Rückenwind haben. Top-Technologieunternehmen werden weiter massiv in KI investieren. Die Digitaltransformation ist besonders stark in den USA.
Risiken
- Leitzinssenkungen zu stark eingepreist: Hinsichtlich der Zinssenkungsschritte der Fed im Jahr 2024 erscheinen die Markterwartungen zu optimistisch: Egal was die Fed kommuniziert, die Märkte erwarten noch schnellere Zinssenkungen.
- US-Fiskalpolitik: Sollte die US-Fiskalpolitik restriktiver werden, könnte die US-Wirtschaft stärker unter Druck geraten.
- Immobiliensektor: Es gilt weiterhin Vorsicht bei Gewerbeimmobilien beziehungsweise Firmen mit hohem Engagement in diesem Sektor. Auch bei privaten Wohnimmobilien ist in verschiedenen Regionen (beispielsweise UK, Niederlande, Schweden, Deutschland, Australien) mit Verwerfungen zu rechnen.
- Banken: Durch den Anstieg von faulen Krediten, die geringe Kreditnachfrage und den verstärkten Druck auf das Zinsergebnis könnte 2024 ein schwieriges Jahr für den Bankensektor werden. Der Druck auf den Bankensektor würde sich auch negativ auf die Kreditversorgung und Zukunftsinvestitionen auswirken.
- Rezession in Deutschland und Europa: Die Rezession könnte tiefer und länger ausfallen als erwartet. Titel, die stark am europäischen oder speziell am deutschen Binnenkonsum hängen, sollten gemieden werden. Das alte deutsche Geschäftsmodell (billige Energie, gute ausgebildete Fachkräfte und starker Exportmarkt), bleibt stark unter Druck.
- Private Equity: Erhebliche Bewertungsrisiken sind denkbar und stellen eines der grossen unbekannten Risiken für 2024 dar.
Fundamental
Die US-Wirtschaft zeigte sich bisher sehr resilient. Allerdings könnte sie unter Druck geraten, falls die Fiskalpolitik weiter eingeschränkt wird. Ohne die sehr expansive US-Fiskalpolitik (Defizit 2023 etwa 7,5 Prozent) wäre die US-Wirtschaft wahrscheinlich bereits jetzt in der Rezession.
- Der US-Notenbank-Chef Powell könnte eine leichte beziehungsweise geringe Rezession einem “Soft-Landing” gleichsetzen
- Aktuell ist man im Prinzip am Tag 0 der Transmission der hohen Zinsen in die Wirtschaft: Höhere Finanzierungskosten und eine vermutlich schwächere Kundennachfrage könnten die Unternehmensgewinne belasten
- Grössere Verwerfungen in einigen Immobilienmärkten sind wahrscheinlich
- Die Situation im Bankensektor könnte deutlich schwieriger werden
- Die deutsche Wirtschaft dürfte auch 2024 unter Druck bleiben: das einstige deutsche Geschäftsmodell ist stark unter Druck, und es gibt bisher kein Ersatzmodell; viele Produktionsprozesse sind weiterhin sehr analog
Monetär
In den USA und Europa hat die Inflation ihren Scheitelpunkt überschritten. Aufgrund der massivsten und schnellsten Zinserhöhungen in der Geschichte hat die Fed (und die EZB) die Inflation unter Kontrolle bekommen. Was allerdings noch nicht abgeschlossen ist, ist das Thema rund um die inflationsbedingten Kaufkraftverluste der Konsumenten (Zweitrundeneffekte durch hohe Lohnforderungen). Diese Effekte werden noch einige Zeit bestehen bleiben, und hier kann es auch durchaus zu Verwerfungen kommen.
- Der Rückgang der (US-) Inflation von etwa zehn auf derzeit etwa drei Prozent dürfte einfacher zu bewerkstelligen gewesen sein, als der nun noch angestrebte Rückgang von 3 auf 2 Prozent („Problem der letzten Meile“).
- Entgegen der allgemeinen Markterwartung könnte 2024 ein Jahr der geldpolitischen Inaktivität werden.
- Normalerweise unternimmt die US-Notenbank in einem Wahljahr nichts
Markttechnik
Die sehr gute Entwicklung im November war auch auf eine sehr positive Markttechnik Ende Oktober zurückzuführen. Ende Oktober herrschte ein sehr hoher Pessimismus, der inzwischen aber abgeflaut ist. Aktuell ist die Markttechnik am Beispiel von wichtigen Indikatoren wie NAAIM (Indikator für das durchschnittliche Aktienengagement aktiver US-amerikanischer Fondsmanager), Fear & Greed (misst, ob bei den Anlegern eher Furcht oder Gier vorherrscht; ist der Markt zu optimistisch, also zu „gierig“, können schon kleine Enttäuschungen zu Abverkäufen führen) oder auch anhand der Barquoten in der Fondsmanagerumfrage bestenfalls nur noch neutral. Grösserer Pessimismus herrscht weiterhin für den Euro (vs. US-Dollar). (DJE/mc/hfu)