Luxemburg – Mit einem Paukenschlag haben die Börsen das Wahlergebnis der US-Präsidentenwahl quittiert. Der als Trump-Trade bezeichnete Kursaufschwung seit Bekanntwerden des Wahlergebnisses dauert bis in den Januar an und bringt vor allem zyklische Aktien in die vordersten Reihen der Gewinner.
Politische Börsen haben bekanntlich kurze Beine, so sagt man, und auch nun sollten sich Investoren fragen, wie weit die Aufwärtsbewegung tragen wird. An der Börse wird die Zukunft gehandelt, die zukünftigen Cash-Flows bestimmen den Wert eines Wertpapieres und die Diskontfaktoren bestimmen massgeblich den Barwert zukünftiger Cash-Flows. In den ersten Tagen nach der Amtseinführung glänzt Präsident Donald J. Trump vor allem mit Dekreten. Zum einen, um einige Entscheidungen seines Vorgängers rückgängig zu machen, zum anderen, um der Bevölkerung zu zeigen, dass er es mit seinen Ankündigungen aus dem Wahlkampf ernst meint.
Und genau hier liegen für das Jahr 2017 meiner Meinung nach die grössten Herausforderungen. Erstens zeigt sich immer deutlicher, dass die Bevölkerung in den USA bereits stärker gespalten ist als bisher wahrgenommen. Viele Anhänger der Demokratischen Partei sind in keinster Weise mit den ersten Massnahmen des US Präsidenten einverstanden. Proteste werden offen ausgetragen und das Recht auf Demonstrationen gegen den Präsidenten wird zunehmend genutzt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass dieses Recht in den vergangen 8 Jahren von Anhängern der republikanischen Partei kaum wahrgenommen worden ist. Im Wahlkampf war oftmals von der schweigenden Mehrheit die Rede, die letztlich zum Sieg von Trump geführt hat.
Normalerweise bringt man einem US-Präsidenten im Amt Respekt und Anerkennung entgegen und beobachtet, welche Massnahmen er in den ersten 100 Tagen seiner Amtszeit durchführt. Mit vielen seiner Ankündigungen und bereits getroffenen Massnahmen zielt Präsident Trump in erster Linie auf die Wirtschaft in den USA ab. America first, Abbau von Regulierungen, Erleichterungen für kleine Unternehmen, Androhung von steuerlichen Nachteilen bei Verlagerung von Jobs ins Ausland um nur einige zu nennen, sollten ein freundliches Investitionsklima erzeugen. Ich vermute, dass Trump den von mir skizzierten Weg aus meinem Nordics-DNB Insights vom November 2016 weiter verfolgen wird. Seine Idee, das Land von innen heraus zu stärken, braucht Zeit. Der Blick auf neue Rekorde an den Weltbörsen und die Quartalsergebnisse multinationaler Konzerne verdecken oftmals die wahren Probleme. Milliardenergebnisse der börsennotierten Unternehmen bringen dem Durchschnitts-Amerikaner in einer Kleinstadt relativ wenig. Dort verfällt die Infrastruktur, die kleinen und mittleren Betriebe kämpfen mit Überregulierung und Vorschriften und müssen eventuell mangels Umsatz und Gewinn schliessen. Die Idee, ein Land und eine Gesellschaft wirtschaftlich von innen heraus zu erneuern, ist der richtige Weg und wird von Trump konsequent verfolgt werden. Trump denkt schon jetzt an die zweite Amtszeit und legt damit ein Fundament für zukünftige Wahlerfolge.
Herausforderung für Europa
Die zweite grosse Herausforderung in 2017 liegt in Europa. Mit Wahlen in Frankreich und Deutschland steht die EU vor einer sehr grossen Herausforderung. Hinzu kommt eine italienische Bankenkrise und die Staatschuldenkrise in Griechenland ist nach wie vor ungelöst. Erst kürzlich hat der Internationale Währungsfonds erneut angedroht, aus der Finanzierung auszusteigen. Die bisher unbeantwortete Frage ist, inwiefern die Wahl von Trump Einfluss auf das Verhalten der Wähler in Europa haben wird.
Normalerweise dauert es einige Jahre, bis die Trends aus den USA nach Europa herüberschwappen. Das Verhalten einiger Politiker deutet aber an, dass man Verwerfungen befürchtet. Man übt sich in scharfer Kritik an Trump, verlängert die Sanktionen gegen Russland und löst die Staatschuldenkrise sowie die Flüchtlingskrise nicht. Ich befürchte, dass die Versprechen kurz vor der Wahl in diesem Fall nicht helfen werden. Zu massiv wirkt der neue Politikstil von Trump, zu direkt und zu ehrlich.
Die europäische Politik wird gut beraten sein genau zu beobachten und die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht zu vernachlässigen. Sie läuft damit Gefahr die gleiche Bewegung wie in den USA hervorzurufen. Im Unterschied zu Europa sind die USA immerhin eine Nation, trotz massiver regionaler Unterschiede. Ich bezweifele, dass es der EU gelingen wird, weiter aufkeimende nationale Tendenzen zu bekämpfen oder zu reduzieren. Europa ist weit entfernt von dem Gedanken einer gemeinsamen Nation und damit auch weit entfernt von der Aufbruchsstimmung, die Trump in den USA gerade hervorruft.
Trump rüttelt die USA wach und zeigt die Schwächen auf, er mobilisiert Kräfte und schafft bei grossen Teilen der Bevölkerung Zutrauen in ein Gelingen seiner Massnahmen. Sollte dieser Trend anhalten und werden erste Erfolge sichtbar und vor allem in der Breite messbar, so wird die Idee eines sich selbst nährenden Aufschwungs Realität.
Europa hingegen kämpft an vielen Fronten, und es ist fraglich, inwiefern die Gemeinsamkeiten die gemeinsamen Probleme übersteigen. Am Ende wird es um die Finanzierung der EU, die Lösung der Staatschuldenkrise und um den Ausgleich der Target-2-Salden gehen, die erst kürzlich das Krisenniveau von 2009 erreicht haben. Direkte Steuern, erhoben durch die EU, sind die jüngsten Vorschläge aus Brüssel um die Krise abzumildern.
Die Wähler werden in die USA schauen und sehen, dass dort sehr pragmatisch gehandelt und vor allem sehr direkt kommuniziert wird. Die Anleger werden nüchtern auf die Zahlen schauen und sich fragen, wo sie Rendite erwarten können und wo die Rahmenbedingungen für Investitionen gut sind. Kapital ist mobil und wandert in diese Regionen.
Innerhalb Europas sind die skandinavischen Länder gering verschuldet und solide aufgestellt. Im Ease of doing Business Index der Weltbank sind die skandinavischen Volkswirtschaften immer auf den vorderen Plätzen zu finden, es handelt sich bei ihnen traditionell um kleine aber offene Volkswirtschaften, die über die notwendige Flexibilität und genügend global Player verfügen, um im internationalen Handel eine Rolle zu spielen. Durch die geringe Staatsverschuldung kann Skandinavien, bis auf Finnland als Mitglied der Eurozone, weiteren Zinsanhebungen relativ gelassen entgegen sehen. Es zeigt sich, dass die Notenbanken weltweit mehr oder weniger konzertiert vorgehen. Sollte also die Fed die Zinsen weiter schrittweise anheben, so könnten andere Notenbanken sich gezwungen sehen, dies auch zu tun. Ob die EZB allerdings aus ihrer Niedrigzinspolitik aussteigen kann ist im Moment mehr als fraglich.
Es bleibt am Ende die Frage, ob der Einfluss der Politik auf die Börsen dieses Mal länger bestehen bleibt, oder wie in den meisten Fällen, nur von kurzer Dauer ist. In beiden Fällen wird 2017 mehr denn je ein Jahr der aktiven Fondsmanager, die ihre gewohnten Pfade überdenken und eventuell verlassen sollten.
Über den Autor:
Hagen-Holger Apel ist seit Juli 2015 bei DNB Asset Management S.A. als Senior Portfolio Manager beschäftigt. Herr Apel ist Diplom-Volkswirt (LMU München) und Certified International Investment Analyst der DVFA Frankfurt. Er ist nahezu 10 Jahre am luxemburgischen Finanzplatz tätig und spricht Deutsch, Englisch und Schwedisch.