EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB)
Amsterdam – Die Europäische Zentralbank (EZB) ist bereit, im Kampf gegen den mickrigen Preisauftrieb schwere geldpolitische Geschütze aufzufahren. «Der EZB-Rat hat sich – einstimmig – verpflichtet, sowohl konventionelle als auch unkonventionelle Instrumente einzusetzen, um den Risiken einer zu lang anhaltenden Phase niedriger Inflation wirksam entgegenzutreten», bekräftigte Notenbankchef Mario Draghi am Donnerstag bei einer Rede in Amsterdam.
Draghi machte klar, dass der EZB-Rat hinsichtlich des Schutzes vor Inflation und Deflation gleichermassen aktiv sei. Eine Verschlechterung der Inflationsaussichten würde ein breit angelegtes Programm zum Ankauf von Vermögenswerten erfordern. Deflation bezeichnet einen umfassenden Preisverfall, der die Konjunktur ausbremst, weil Verbraucher und Unternehmen in Erwartung weiter sinkender Preise Ausgaben scheuen. Derzeit kämpfen fünf der 18 Euroländer mit Deflation. Doch auch im restlichen Währungsraum ist der Preisauftrieb für die Staaten unangenehm niedrig.
Schleppende Kreditvergabe
Dem EZB-Präsidenten ist nicht nur die geringe Inflation ein Dorn im Auge. Auch die nach wie vor schleppende Kreditvergabe in der Eurozone macht dem Währungshüter zu schaffen. Sollten die Banken nicht bald wieder mehr Geld verleihen, wäre «ein gezieltes längerfristiges Refinanzierungsgeschäft oder ein Programm zum Ankauf von Asset-Backed Securities (ABS) eine geeignete Reaktion», sagte Draghi. ABS sind forderungsbesicherte Wertpapiere, die in der letzten grossen Finanzkrise zweifelhaften Ruhm erlangten, weil sie zur Verschleierung von Kreditrisiken beitrugen.
Wechselkurs zunehmend wichtige Faktor für Preisstabilität
Ausserdem könne die EZB, so Draghi, durch eine weitere Aufwertung des Eurokurses unter Handlungsdruck gesetzt werden. Zwar sei der Wechselkurs an sich kein geldpolitisches Ziel, aber der starke Euro sei eine potenzielle Gefahr für die wirtschaftliche Erholung im Währungsgebiet. Steigt die Währung im Wert, verteuern sich Exporte aus dem Euroraum auf den Weltmärkten. Ausserdem wirkt der starke Euro inflationsdämpfend, weil er Importe verbilligt. «Darum haben wir den Wechselkurs zu einem zunehmend wichtigen Faktor für die Preisstabilität erklärt», sagte Draghi. (awp/mc/ps)