Draghis expansive Geldpolitik gerät durch Fed unter Druck

Draghis expansive Geldpolitik gerät durch Fed unter Druck
EZB-Chef Mario Draghi. (Foto: EZB)

Frankfurt – Die Zinserhöhung in den USA setzt die Europäische Zentralbank (EZB) unter Druck, die Abkehr von ihrer Politik des ultra-billigen Geldes einzuleiten. Die US-Notenbank (Fed) hat drei Monate nach ihrer Straffung vom Dezember einen weiteren Schritt nach oben folgen lassen.

Wenn sie im Juni nachlegen sollte und die Wahlschlachten in Frankreich im Mai und in Deutschland im September geschlagen sind, dürfte auch die Europäische Zentralbank (EZB) erste Signale aussenden. Die Botschaft: Unsere Nullzinspolitik ist nicht auf Dauer angelegt.

Sie hat ihre Geldpolitik lange Zeit mit der Abwehr eines drohenden Preisverfalls auf breiter Front begründet, der die Wirtschaft lähmen könnte. Doch die Inflation ist schon über die EZB-Zielmarke von knapp 2,0 Prozent hinaus gestiegen.

Fed als Vorbild für Ausstieg aus Geldflut
«Die Fed wird mit ihrer Entscheidung auch die Geldpolitik im Euro-Raum beeinflussen. Die Deflationsgefahr ist vorüber. Das erlaubt es der EZB, allmählich aus einem Krisenmodus auszusteigen», prognostiziert Allianz-Chefökonom Michael Heise.

Laut Chefökonom Martin Moryson vom Bankhaus Sal. Oppenheim hat Fed-Chefin Janet Yellen ein «gutes Signal» an die anderen Zentralbanken ausgesendet: «Es gibt ein Ende der Niedrigzinspolitik, der Ausstieg kann gelingen.»

Das sieht auch Bruno Cavalier, Chefökonom des französischen Brokerhauses Oddo Securities, ähnlich: Die Fed könne zum Vorbild für einen Ausstieg aus der Geldflut werden. Sie hatte 2013 das Abschmelzen ihrer Anleihenkäufe – im Börsenjargon «Tapering» genannt – angekündigt, diese daraufhin 2014 beendet und dann im Dezember 2015 den ersten Zinsschritt gewagt.

EZB-Chef Mario Draghi werde aber nicht riskieren, die Normalisierungsdebatte zu früh einzuleiten, betont Cavalier. «Der Prozess wird schrittweise erfolgen, der erste davon – das Abschmelzen der Anleihenkäufe – wird nicht vor dem nächsten Jahr beginnen.»

Mit dem Beginn der Diskussion rechnet er nach dem Sommer. Die meisten Ökonomen erwarten zunächst Änderungen in der Kommunikation der Notenbank. EZB-Chef Draghi wies nach der jüngsten Zinssitzung bereits darauf hin, dass es eine Debatte darüber gab, ob die Option einer weiteren Zinssenkung im Ausblick gestrichen werden soll.

Ihre Geldschleusen halten die Hüter des Euro derzeit noch weit offen. Zwar äusserte sich Draghi jüngst deutlich optimistischer zur Konjunkturlage der Währungsgemeinschaft als noch zuletzt. Aber am Fahrplan für ihre billionenschweren Anleihenkäufe, die Ende Dezember auslaufen sollen, rüttelte die EZB ebenso wenig wie an ihren Schlüsselzinsen zur Geldversorgung des Bankensystems.

EZB-Chefvolkswirt Peter Praet betonte zuletzt, die Notenbank wolle nicht, dass die Märkte überreagieren. Die EZB stehe noch nicht vor einem Richtungswechsel oder einer Normalisierung ihrer Geldpolitik.

Euro hält sich wacker
Die Devisenmärkte werden die EZB nach Einschätzung des Analysten Dirk Gojny von der Essener National-Bank zufolge nicht von diesem vorsichtigen Kurs abbringen. «Die Aufwertung des Dollar wird sich in Grenzen halten, wenn die Fed weitere Zinsschritte gut vorbereitet.»

Auch für Cyrus de la Rubia, Chefökonom der HSH Nordbank, ist die Parität – ein Euro-Kurs von einem Dollar – kein Thema. Schliesslich sei das ab 2018 erwartete Tapering der erste Schritt einer geldpolitischen Straffung.

Da er zudem nicht mit einem Sieg der EU-Kritikerin Marine Le Pen bei der Präsidentenwahl in Frankreich rechne, wäre damit ein grosser politischer Unsicherheitsfaktor vom Tisch. De la Rubia sieht den Euro Ende 2017 bei etwa 1,10 Dollar, knapp drei US-Cent höher als derzeit.

Damit sei auch kein zusätzlicher Inflationsschub durch eine deutliche Euro-Abwertung zu befürchten, fügt der HSH-Experte hinzu. Auf diese Gefahr hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in einem Reuters-Interview hingewiesen: «Wenn der Euro-Kurs deutlich sinkt, wird sich die Inflationsrate in Europa vermutlich schneller bewegen.»

Ein rascher deutlicher Kursverlust der Gemeinschaftswährung sei allerdings nur bei grösseren Börsenturbulenzen zu erwarten, sagt Volkswirt de la Rubia. «Draghi hätte dann andere Sorgen, als die Zinsen zu erhöhen.» (awp/mc/ps)

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