Bankratspräsident Hansueli Raggenbass.
Bern – Bankratspräsident Hansueli Raggenbass gerät nach Philipp Hildebrands Rücktritt immer stärker ins Visier der Kritiker. SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer geht davon aus, dass Raggenbass sich nicht im Amt halten können wird. Im Nachgang der Affäre Hildebrand sieht die Baselbieter Nationalrätin grosse Defizite beim Bankrat der Nationalbank. «Der Bankrat hat völlig versagt», stellte sie in der «Samstagsrundschau» im Schweizer Radio DRS fest. Seine Aufgabe sei die Aufsicht über das Direktorium gewesen. «Die hat der Bankrat nicht wahrgenommen.»
Leutenegger Oberholzer wirft dem Bankrat und dessen Präsidenten «katastrophales Krisenmanagement» und mangelnde Information vor. Raggenbass sei während Tagen ferienhalber nicht erreichbar gewesen, obwohl «das eigene Haus in Brand» gestanden sei. Zudem habe er das Reglement über die privaten Geschäfte für das SNB-Direktorium nicht veröffentlicht. Das Reglement, das der Bankrat erlassen hat, hält sie zudem für «ungenügend» und «nicht brauchbar».
Schliesslich habe er die Wirtschaftskommission des Nationalrats nicht darüber informiert, dass der Bankrat Hildebrand nicht mehr für tragbar gehalten habe, nachdem der Wortlaut des E-Mail-Verkehrs zu den heiklen Devisengeschäften Hildebrands bekannt wurden. Das führte schliesslich auch dazu, dass Hildebrand doch zurücktrat, nachdem er dies zunächst abgelehnt hatte.
Wahl im Frühling
Leutenegger Oberholzer will das Verhalten des Bankrats und ihres Präsidenten raschmöglichst untersucht haben, egal ob durch eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) oder die Geschäftsprüfungskommission. Auch der Bundesrat habe nicht optimal gehandelt. Was die Raggenbass› Zukunft im Bankrat betrifft, nimmt sie das Untersuchungsresultat vorweg: Aus Sicht der Finanzpolitikerin wird er «nicht zu halten sein». Er werde kaum wieder gewählt werden.
Für einen frühzeitigen Rücktritt sieht Raggenbass nach wie vor keinen Grund, wie er in einem am Samstag publizierten Interview mit der Zeitung «Le Temps» sagte. Wiedergewählt werden müsste er im Frühling. «Ich stehe zur Verfügung, wenn es im Interesse der Nationalbank ist.» Wegen der Amtszeitbeschränkung könnte er aber lediglich noch ein Jahr im Bankrat bleiben.
Widerspruch in der SVP
Auch die Rolle der SVP müsse thematisiert werden, sagte Leutenegger Oberholzer. Zwar zeigte sie Verständnis für Christoph Blochers Vorgehen, den Bundesrat zu informieren. Dennoch habe die SVP der Schweiz keinen guten Dienst erwiesen: Die Partei, die das Bankgeheimnis in der Bundeverfassung verankern möchte, habe selbst mit Unterlagen hausiert, die widerrechtlich beschafft worden seien.
Hildebrands Rücktritt wertet Leutenegger Oberholzer für unausweichlich. «Hildebrand hätte früher realisieren müssen, dass er nicht mehr tragbar war.» Dass er unter anderem von SP-Vertretern zunächst in Schutz genommen worden sei, sei eine falsche Reaktion gewesen. Sie sei wohl dadurch zu erklären, dass die Affäre als Kampagne der SVP wahrgenommen worden sei. (awp/m c/ps)