New York – China hat an den internationalen Finanzmärkten einen wichtigen Prestigeerfolg errungen, der zusätzliche Milliarden-Anlagen ins Land locken dürfte. Die Wirtschaftsmacht schaffte im vierten Versuch die Aufnahme in den vielbeachteten MSCI-Aktienindex für Schwellenländer.
Der Indexbetreiber bezieht ab August 222 ausgewählte sogenannte A-Aktien in die Berechnung des 1,5 Billionen Dollar schweren Index mit ein, wie MSCI am Dienstag mitteilte. Investoren führten dies darauf zurück, dass die Regierung in Peking in den vergangenen Jahren ihre Märkte für Kapital aus dem Ausland geöffnet habe.
«Wenn man sich die Grösse und Bedeutung Chinas als wirtschaftliche Supermacht ansieht, denke ich, dass es ein historischer Moment ist», sagte Kevin Anderson, der beim Anlageberater State Street Global Advisors für den asiatisch-pazifischen Raum verantwortlich ist. Die zuständige chinesische Behörde begrüsste den Schritt. Dieser spiegle das Vertrauen der internationalen Investoren in de Stabilität des heimischen Finanzmarktes wider.
Markteinschränkungen als Hindernis
In den vergangenen drei Jahren war die Volksrepublik mit dem Antrag abgeblitzt, weil MSCI den eingeschränkten Zugang von Investoren zum chinesischen Kapitalmarkt sowie die häufigen Unterbrechungen beim Aktienhandel kritisch sah. Doch der Indexbetreiber ermöglichte den Schritt im März durch eine Neuerung: Er liess lediglich die Aktien zu, die die erforderlichen Bedingungen erfüllten, die anderen blieben zunächst aussen vor.
Bei den nun aufgenommenen Werten handelt es sich um grosse Finanz- und Industriefirmen, viele von ihnen im Besitz des Staates. Durch den Schritt dürften nach MSCI-Berechnungen zunächst etwa 17 bis 18 Milliarden Dollar an Kapital in chinesische Aktien fliessen. Langfristig, wenn der chinesische Markt vollständig aufgenommen ist, könnten es mehr als 340 Milliarden Dollar sein. Wann dies der Fall sein wird, hänge davon ab, wie schnell die Regierung in Peking ihre Reformen vorantreibe, sagte der zuständige MSCI-Manager Sebastien Lieblich.
A-Aktien sind Wertpapiere von Unternehmen, die in der chinesischen Währung Renminbi gehandelt werden. Ursprünglich konnten die Titel nur von Bürgern aus China gehandelt werden. Mittlerweile ist eine Auswahl auch für Investoren aus dem Ausland offen. An den Börsen in Shanghai und Shenzhen gibt es auch B-Aktien, die in ausländischen Währungen gehandelt werden.
Positive Reaktionen
Experten bewerteten die Aufnahme chinesischer Papiere in den Index positiv. «Chinas Markt für A-Aktien ist der zweitgrösste Aktienmarkt weltweit», sagte Fondsmanagerin Jing Ning vom Vermögensverwalter Fidelity. Die unmittelbaren Auswirkungen seien jedoch begrenzt, sagten Händler. Der Schritt sei bereits weitgehend eingepreist.
Der Index der Börse in Shanghai legte am Mittwoch 0,5 Prozent zu. Das Barometer für die 300 wichtigsten Aktien schloss 1,2 Prozent fester und erreichte den höchsten Stand seit anderthalb Jahren.
Die nun in den Index MSCI Emerging Markets aufgenommenen Papiere haben dort einen Anteil von 0,73 Prozent. MSCI bezieht in seine Schwellenländer-Berechnungen bereits länger chinesische Aktien ein, die an den Börsen in Hongkong und den USA gehandelt werden. (awp/mc/pg)