Elmer kämpft vor Obergericht um seinen Ruf

Elmer kämpft vor Obergericht um seinen Ruf
Ex-Banker Rudolf Elmer.

Kämpft um seinen Ruf als Whistleblower: Rudolf Elmer.

Zürich – Für Ex-Banker Rudolf Elmer geht es am kommenden Donnerstag um mehr als nur eine bedingte Geldstrafe. Der tief gefallene, ehemalige Geschäftsleiter der Julius-Bär-Filiale auf den Cayman Islands kämpft vor dem Zürcher Obergericht um seinen Ruf als Whistleblower. Ethische Beweggründe oder nur persönliche Rachegefühle? Das Zürcher Bezirksgericht fällte im Januar ein Urteil, das Rudolf Elmer nicht als Whistleblower mit hehren Zielen dastehen liess, sondern als entlassenen Ex-Angestellten, der aus Frust über eine verweigerte Beförderung einen Rachefeldzug führte.

Der 56-Jährige hatte seinem ehemaligen Arbeitgeber, der Bank Julius Bär, Droh-Faxe und Droh-Emails geschickt und der Enthüllungsplattform Wikileaks geheime Kundendaten zugespielt. Gemäss eigenen Aussagen wollte er so die Machenschaften der Banken in Steuerparadiesen aufdecken und «die Gesellschaft aufklären». Das Gericht glaubte ihm jedoch nicht und verurteilte ihn wegen Drohung, versuchter Nötigung und Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer bedingten Geldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 30 Franken. Elmer wollte das Urteil nicht akzeptieren und zog es an das Zürcher Obergericht weiter, an dem es am Donnerstag erneut verhandelt wird.

Viel Lärm um leere Daten-CDs
Auch nach diesem Urteil hat sein Ruf als Whistleblower weiter gelitten. Der nächste Tiefschlag ereilte Elmer noch am Abend seiner Verurteilung: Auf dem Heimweg vom Prozess wurde er erneut verhaftet und für sechs Monate in Untersuchungshaft gesteckt. Grund war eine international beachtete Medienkonferenz nur wenige Tage vor dem Zürcher Prozess, an der Elmer dem Wikileaks-Gründer Julian Assange mehrere CDs übergab. Auf diesen seien Daten von rund 2000 Steuersündern gespeichert, gab Elmer damals zu Protokoll.

«Lediglich symbolischer Akt»
Wie sich später herausstellte, waren die CDs leer. Elmer musste einräumen, dass die Übergabe in London nur «ein symbolischer Akt war, der die Aufmerksamkeit auf den Prozess lenken sollte». Dass er so lange in Untersuchungshaft sitzen musste, wertete Elmer im Nachhinein aber als nützlich. Die sechs Monate Haft würden seiner Initiative helfen, zeigte er sich in Interviews überzeugt. Seine Haft zeige, wer von der Justiz verfolgt werde – eben nicht die Banker, welche Missbrauch betreiben würden.

Rede auf dem Paradeplatz
Seit seiner Entlassung aus der U-Haft arbeitet Elmer in erster Linie als Hausmann und kämpft von seiner Wohnung im Zürcher Unterland aus weiter gegen die Übermacht der Banken. Gemäss eigenen Angaben schreibt er an einem dritten Buch, hält Vorträge und bildet Steuerfahnder aus. Die Occupy-Paradeplatz-Bewegung bot ihm eine neue Plattform für seine Anliegen. Mehrmals suchte er in den vergangenen Wochen den Kontakt zu den Aktivisten auf dem Zürcher Lindenhof. Einmal griff er auch auf dem Paradeplatz selber zum Mikrofon, um gegen die Missstände bei den Banken anzureden.

Auf seiner Website beklagte er sich anschliessend darüber, dass die Medien seinen Auftritt weitgehend ignoriert hätten. (awp/mc/ps)

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