Athen – Für Griechenland tickt die Uhr: Am heutigen Donnerstag (21.00 Uhr MEZ) endet die Frist für die Zustimmung privater Investoren zum dringend nötigen Schuldenschnitt. Der Ausgang ist ungewiss. Ergebnisse sollen voraussichtlich erst am Freitagmorgen veröffentlicht werden. Das Finanzministerium in Athen, die EU-Kommission in Brüssel und auch der Internationale Bankenverband IIF hatten am Mittwoch Zuversicht verbreitet. Ob Athen zumindest in die Nähe der angestrebten Zustimmungsquote von 90 Prozent kommt, bleibt indes offen.
«Laut den uns vorliegenden Informationen dürfte der Schuldenschnitt ohne Hindernis verlaufen, denn die Operation ist für den Privatsektor interessant», sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn der französischen Tageszeitung «Le Figaro» (Mittwoch). Nach IIF-Angaben wollen sich immer mehr Banken und Versicherungen freiwillig an dem Schuldenschnitt beteiligen. Die im Ausschuss für den Anleihentausch vertretenen Institute würden mit grosser Mehrheit auf Forderungen an Athen verzichten, teilte der Verband in Paris mit.
Ergebnisse sollen am Freitag veröffentlicht werden
Nach diesen Angaben signalisierten bisher 30 Ausschussmitglieder diese Bereitschaft – sie halten zusammen griechische Staatsanleihen im Wert von 81 Milliarden Euro. Das seien 39,3 Prozent der gesamten Forderungen von 206 Milliarden Euro, die Privatleute, Banken, Versicherungen oder Hedge-Fonds an Griechenland haben. Hinzu kämen nach Informationen der Athener Presse auch knapp 21 Milliarden Euro bei den heimischen Renten- und Krankenkassen, die nunmehr einverstanden seien, am Schuldenschnitt teilzunehmen. Damit haben sich nach griechischen Medienschätzungen knapp 50 Prozent der Halter von griechischen Staatsanleihen zum Schuldenschnitt bereit erklärt.
Hedge-Fonds halten sich noch bedeckt
Unter den Haltern griechischer Anleihen sind allerdings auch Investoren wie Hedge-Fonds, die sich noch nicht in die Karten schauen lassen wollen. Bestimmten Hedge-Fonds wird nachgesagt, dass sie auf ein Scheitern der freiwilligen Umschuldung setzen, um dann bei Zwangsmassnahmen der Athener Regierung Entschädigungen aus Kreditausfallversicherungen zu kassieren. Das Finanzministerium in Athen plant, die Ergebnisse am Freitagmorgen zu veröffentlichen, wie ein Mitarbeiter von Venizelos der dpa sagte. Am selben Tag beraten die Euro-Finanzminister in einer Telefonkonferenz. Dabei wollen sie das Anfang März prinzipiell gebilligte 130-Milliarden-Hilfspaket endgültig freigeben, unter der Voraussetzung, dass der Schuldenschnitt klappt.
Athen kann nachträglich Umschuldungsklausel ziehen
Komplizierter würde die Lage, wenn die 90-Prozent-Marke deutlich verfehlt wird. Dann müsste Athen nachträgliche Umschuldungsklauseln (CAC) ziehen, die die Gläubiger zum Forderungsverzicht zwingen. Ein entsprechendes Gesetz hatte das Parlament in Athen im Februar beschlossen. Dies setzt allerdings auch eine bestimmte Mindestzustimmung zu dieser Option voraus. Würde auch diese verfehlt, würde eine ungeordnete Staatspleite mit unabsehbaren Folgen drohen. Nach Schätzungen der griechischen Presse rechnet das Finanzministerium in Athen indes mit einer Zustimmungsquote zwischen 75 bis 80 Prozent.
Freiwilliger Verzicht auf 107 Mrd Euro
Um den Schuldenberg Athens zu verringern, sollen private Gläubiger wie Banken, Versicherungen und Fonds auf Forderungen an Athen in Höhe von 107 Milliarden Euro freiwillig verzichten. Mit dem Schritt verzichten die privaten Gläubiger auf 53,5 Prozent des Nennwerts ihrer griechischen Staatsanleihen und bekommen für den Rest neue Papiere mit Laufzeiten von bis zu 20 Jahren. Ein Teil davon wird vom europäischen Rettungsschirm EFSF garantiert. (awp/mc/pg/upd/ps)