EU-Experten wollen Grossbanken aufspalten

EU-Experten wollen Grossbanken aufspalten

(Foto: styleuneed – Fotolia.com)

Brüssel – Es könnte der vielleicht radikalste Eingriff in den Bankensektor werden: Eine hochrangige EU-Expertengruppe fordert die Aufspaltung von Grossbanken in separate Einheiten. Im Kern geht es darum, grosse Risiken vom soliden Bankgeschäft zu trennen, um eine Haftung der Steuerzahler für Zockereien zu begrenzen. Wenn grosse Geldhäuser wie etwa die Deutsche Bank mit mehr als 15 Prozent ihres Vermögens selbst Handel treiben, sollen sie das Investmentbanking rechtlich strikt vom Kredit- und Einlagengeschäft trennen müssen.

Das empfahlen Fachleute unter Leitung des finnischen Zentralbankchefs Erkki Liikanen am Dienstag in Brüssel. Es ist allerdings fraglich, ob aus den Vorschlägen jemals Gesetze werden – die Banken lehnen zu starke Eingriffe ab. Die Expertengruppe will mit ihren Plänen verhindern, dass Banken Verluste aus riskanten Geschäften mit dem Ersparten ihrer Kunden ausgleichen und der Steuerzahler wankende Banken retten muss. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat ein vergleichbares Modell zur Bankenreformen vorgeschlagen. In der Finanzbranche stösst eine solche Aufspaltung dagegen auf Widerstand. Liikanen ging auf die Kritik ein und sagte, Banken könnten ihre Geschäfte in der gleichen Gruppe als Holding weiterführen: «Das langjährige und bewährte Universalbankensystem wird bestehen bleiben.»

Kleine Banken sollen ausgenommen werden
Ob die Empfehlungen der elfköpfigen Expertengruppe Eingang in die Gesetzgebung findet, ist allerdings offen. EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der den Bericht beim ehemaligen EU-Kommissar Liikanen in Auftrag gegeben hatte, nannte den Liikanen-Bericht «einen Grundstein unserer Arbeit». Gesetzesvorschläge der EU-Kommission müssten vom Europaparlament und den EU-Staaten angenommen werden.

Laut Liikanen-Bericht sollen Banken riskante Geschäfte von Konten und Krediten normaler Kunden trennen, wenn diese eine gewisse Grösse erreichen. Massgabe ist, dass die Investmentbanksparte Vermögenswerte von mehr als 100 Milliarden Euro umfasst oder einen Anteil von mindestens 15 Prozent der gesamten Bilanzsumme ausmacht. «Die kleinsten Banken sollten vollständig von der geforderten Trennung ausgenommen werden», heisst es im Bericht.

«Profite privat, Verluste öffentlich» muss ein Ende haben
Liikanen sagte: «Wir müssen wegkommen von einem System, in dem die Profite privat und die Verluste öffentlich sind und zu Lasten des Steuerzahlers gehen.» Für Regierungen sei es mit dem neuen Modell leichter, gefährliche Sparten pleitegehen zu lassen. Denn das Argument, die Abwicklung der Bank gefährde das gesamte System, fiele dann weg. Dies werde Banken sicherer machen und erleichtere auch die Kontrolle sowie Abwicklung von Banken.

Boni sollen begrenzt werden
Zudem spricht sich die Expertengruppe auch dafür aus, dass die EU von den Instituten verlangt, mehr Kapital vorzuhalten, etwa zur Absicherung von Immobiliengeschäften. Auch für Bonuszahlungen von Bankmanagern soll es Regeln geben. Die gesamte ausgezahlte Summe dürfe die der gezahlten Dividenden nicht überschreiten. Geldhäuser sollten Boni ihrer Manager künftig teilweise in Bonds auszahlen.

In der Krise habe kein Geschäftsmodell der Banken besonders gut oder schlecht funktioniert, betonte Liikanen. Ursache für die Krise sei gewesen, dass die Banken zu risikoreiche Geschäfte eingingen und diese zu wenig absicherten. Kritik kam von den öffentlichen Banken, die eine Abkehr von dem System der Universalbanken fürchten. Das würde die «gewachsenen Finanzierungsstrukturen gefährden und sich auch auf die Realwirtschaft negativ auswirken», warnte der Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB), Christian Brand. (awp/mc/pg)

Schreibe einen Kommentar