Europa gespalten zu Euro-Krisenfonds
Brüssel – Eine mögliche Ausweitung des Euro-Rettungsschirms spaltet Europa. Während die EZB und Belgien eine Aufstockung des Schirms von 750 Mrd Euro fordern, treten Deutschland und andere Staaten auf die Bremse. Luxemburgs Jean-Claude Juncker sagte, bei einem Treffen der von ihm geführten Euro-Finanzminister stünden keine Entscheidungen dazu an.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte: «Aktuell ist der Rettungsschirm ja nicht unter Stress. Er funktioniert und ist auf einem guten Weg.» Sein österreichischer Amtskollege Josef Pröll fügte hinzu: «Eine Ausweitung sehe ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht.»
Umfassendes Stabilisierungspaket
Pröll sprach sich aber – wie viele andere Minister – dafür aus, den Euro-Rettungsfonds von 440 Milliarden Euro besser auszunutzen. Aus dem Fonds können de facto nur rund 250 Milliarden Euro ausgeliehen werden, da die Spitzenbewertung («AAA») der Ratingagenturen hohe Sicherheiten erfordert. Die Minister berieten nach Angaben von Teilnehmern über eine umfassendes Paket zur Euro-Stabilisierung. Ob dies schon beim nächsten Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 4. Februar beschlossen werden kann, ist offen. Deutschland pocht auf ein Paket mit Hand und Fuss, um nicht in drei Monaten auf Druck der Finanzmärkte wieder nachlegen zu müssen. Es geht dabei nicht nur um den Rettungsfonds, sondern auch um eine bessere Wirtschaftskoordinierung der 17 Euro-Staaten.
Zentraler Baustein
Der europäische Rettungsfonds EFSF ist ein zentraler Baustein des Schirms. «Wir haben noch genügend Spielraum nach der Hilfsaktion für Irland», sagte Pröll. Nach Angaben von Diplomaten wird der Fonds bisher nur zu rund sieben Prozent genutzt. Der belgische Finanzminister Didier Reynders spricht sich schon länger für eine Verdoppelung des Rettungsschirms der Europäer und des Internationalen Währungsfonds auf 1,5 Billionen Euro aus. Am Rande des Treffens wiederholte er diese Zahl aber nicht. «Wir müssen zeigen, dass es keinen Raum gibt für Spekulationen gegen die Eurozone.» Wackelkandidaten wie Griechenland, Irland oder Portugal müssen weiter hohe Risikoprämien für ihren langfristigen Anleihen zahlen.
Auch Trichet will mehr Mittel
Auch EZB-Chef Jean-Claude Trichet pocht seit längerem auf eine Aufstockung. In der EZB sei man der Ansicht, dass der Schirm sowohl quantitativ als auch qualitativ verbessert werden müsse, sagte Trichet am Sonntagabend dem französischen Radiosender RTL. «Was unter Quantität zu verstehen ist, wissen wir. Mit Blick auf die Qualität muss der Fonds die grösstmögliche Flexibilität und Beweglichkeit bei seinem Einsatz haben.» Die EZB kauft massiv Staatsanleihen von Krisenstaaten und lindert damit den Druck der Märkte auf die Länder.
«Balance der Solidarität»
Auf die Frage, ob nur Staaten mit der Bestnote («AAA») an dem Fonds als Garanten teilnehmen sollten, sagte der Österreicher Pröll: «Ich sehe nicht, dass wir in der Balance der Solidarität aller hier auf einzelne Gruppen abstellen können.» Die – bisher nicht bestehende – Möglichkeit, dass der Rettungsfonds auch Anleihen von Krisenstaaten kaufen kann, sei für ihn nicht «prioritär», so Pröll. Die Konferenz wird am Dienstag von den Ressortchefs aller 27 EU- Staaten fortgesetzt werden. (awp/mc/ps/15)