EU schränkt Spekulation auf Staatsanleihen ein
Brüssel – Die EU macht ernst im Kampf gegen hochriskante Börsengeschäfte und schränkt die Spekulation auf Staatsanleihen ein. Der Handel mit ungedeckten Kreditausfallversicherungen (CDS) auf Staatsanleihen wird in der EU vom Herbst 2012 an nur noch in Ausnahmefällen möglich sein. Das haben die EU-Kommission, das Europaparlament und der EU-Ministerrat in Brüssel vereinbart. Die Vorschläge sind Teil eines Bündels an Massnahmen, um die Finanzmärkte besser zu überwachen.
«Die Regeln werden es Hedge-Fonds unmöglich machen, griechische oder italienische CDS allein für Spekulationsgeschäfte zu kaufen, ohne die entsprechenden Staatsanleihen zu besitzen», teilte das Europaparlament am Mittwoch mit. Nur noch die Investoren, die entsprechende Staatsanleihen halten, dürften sich demnach Schutz über CDS kaufen. Deutschland hatte bereits im vergangenen Jahr sogenannte ungedeckte Leerverkäufe im Alleingang verboten. Bei diesen Geschäften wetten Spekulanten auf den Verfall einer Währung, Aktie oder Anleihe und verkaufen das Produkt, ohne es zu besitzen – in der Hoffnung, es später zu einem niedrigeren Kurs zurückkaufen zu können und so Gewinne einzustreichen. Inzwischen sind andere EU-Länder gefolgt, auch Frankreich, Italien, Spanien und Belgien haben nach EU-Angaben ein Verbot beschlossen.
Kreditausfallversicherungen
Mit dem Kauf von Kreditausfallversicherungen können sich Investoren gegen den Ausfall von Anleihen absichern – aber auch auf eine schlechtere Bonität der Schuldner wetten. Letzteres wird jetzt EU-weit verboten, weil diese Praktiken nach gängiger Meinung den Kursverfall von Staatsanleihen künstlich beschleunigt und die Krise Griechenlands verschärft haben. Die komplizierten Produkte gelten auch als Hauptauslöser für die weltweite Finanzkrise.
Abweichungen vom prinzipiellen Verbot
Unter bestimmten Bedingungen will die EU es den Mitgliedsstaaten aber erlauben, vom prinzipiellen Verbot abzuweichen. «Gründe dafür können sein, dass der Staatsanleihenmarkt nicht mehr richtig funktioniert», sagte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Die EU-Börsenaufsicht ESMA muss diese Ausnahme genehmigen. Barnier erhofft sich von den Regeln «mehr Transparenz, Stabilität und Verantwortung».
Noch formal von Parlament und Ministerrat zu genehmigen
Der Kompromiss der drei gesetzgebenden EU-Institutionen muss nun noch formal von Parlament und Ministerrat angenommen werden. Nach Angaben des Europaparlaments könnten die Regeln dann im November 2012 in Kraft treten. (awp/mc/upd/gh)