EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton. (Foto: European Parliament)
München / Kiew – Die Europäische Union und die USA arbeiten nach Worten der EU-Aussenbeauftragten Catherine Ashton an einem Plan für erhebliche kurzfristige Finanzhilfen für die Ukraine. Ashton sagte dem «Wall Street Journal» (Sonntag) in München, Ziel des Hilfspakets sei es, dem Land in einer Übergangsphase zu helfen. Während dieser Zeit könne eine Übergangsregierung wichtige politische und wirtschaftliche Reformen unternehmen und Präsidentenwahlen vorbereiten.
Das Hilfsvolumen werde nicht gering sein. Zahlen nannte Ashton jedoch nicht. Dieser Plan erfordere nicht, dass die Ukraine zunächst ein langfristiges Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds abschliesse, betonte Ashton.
Ashton sagte, die neue ukrainische Regierung müsse dann im Detail sagen, was sie benötige. Es könne sich nicht allein nur um Geld handeln, sondern es könnten auch Garantien und Aussichten auf Investitionen gegeben werden. Russland hat der Ukraine Kredite von 15 Milliarden Dollar versprochen.
Beratungen über Sanktionen gegen Führung in Kiew
Die EU-Aussenminister wollen nach Angaben ukrainischer Oppositionsführer am 10. Februar über Sanktionen gegen die Führung in Kiew beraten, wie sie etwa der ukrainische Oppositionspolitiker Vitali Klitschko immer wieder verlangt hatte.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Deutschen Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), sagte der in Düsseldorf erscheinenden «Rheinischen Post» (Montag): «Wir brauchen Sanktionen gegen die Verantwortlichen von Gewalt und Unterdrückung». Ihnen müsse jetzt signalisiert werden, dass sie nicht anonym handelten, sondern dass sie persönlich für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen würden. Röttgen nannte Visa-Entzug, strafrechtliche Konsequenzen und das Einfrieren von Konten als schnell wirkende Sanktionen.
Klitschko ruft zum Aufbau von Bürgerwehren auf
Klitschko sprach sich im Machtkampf mit der Regierung zum Aufbau ziviler Streifen aus. «Bildet Bürgerwehren in jedem Hof, in jedem Bezirk, in jedem Haus», forderte Klitschko am Sonntag vor deutlich mehr als 10’000 Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz (Maidan) in Kiew.
Der Ex-Boxweltmeister betonte auf dem Maidan: «Alle demokratischen Kräfte müssen den Protest vor die Gebietsverwaltungen tragen.» Die Gegner des prorussischen Präsidenten Viktor Janukowitsch werfen der Führung vor, Schlägerbanden anzuheuern, die mit brutaler Gewalt für Chaos sorgen sollen.
Der mutmasslich gefolterte Regierungsgegner Dmitri Bulatow traf unterdessen zur Behandlung in Litauen ein, wie lokale Medien berichteten. Das EU-Mitgliedsland Litauen hatte Bulatow – wie auch Deutschland – medizinische Hilfe angeboten und bereits andere verletzte Regierungsgegner aufgenommen.
Janukowitsch kehrt an den Schreibtisch zurück
Janukowitsch will nach tagelanger medizinischer Betreuung seine Arbeit wieder aufnehmen. Er war wegen Fiebers und Atemwegsproblemen in einer Klinik behandelt worden, wie es aus seiner Verwaltung hiess.
Die Proteste in Kiew hatten begonnen, als Janukowitsch Ende November 2013 ein historisches Partnerschaftsabkommen mit der EU auf Druck Russlands platzen liess. Nachdem der Staatschef Mitte Januar demokratische Freiheiten einschränken liess, eskalierten die Proteste. Bei Strassenschlachten zwischen radikalen Regierungsgegnern und der Polizei gab es mindestens vier Tote und Hunderte Verletzte. Die Opposition fordert Janukowitschs Rücktritt und lehnt Zugeständnisse wie eine an Auflagen geknüpfte Freilassung festgenommener Protestierer ab.
Die Krise in der Ex-Sowjetrepublik sorgte auch bei der Münchner Sicherheitskonferenz für Spannungen zwischen dem Westen und Russland.
Kerry und Lawrow im Clinch
US-Aussenminister John Kerry versicherte der Opposition die Solidarität des Westens. «Die USA und die Europäische Union stehen an der Seite des ukrainischen Volkes in diesem Kampf.» Das Land dürfe sich nicht nur Richtung Russland orientieren.
Hingegen kritisierte der russische Aussenminister Sergej Lawrow scharf, der Westen mische sich in der Ukraine ein und habe die Demonstranten aufgewiegelt. «Was hat das Aufwiegeln zunehmend gewalttätiger Proteste auf der Strasse mit dem Werben für Demokratie zu tun?», sagte Lawrow. Sein ukrainischer Kollege Koschara wehrte sich gegen jeden Druck von aussen. Sowohl die Wahl Janukowitschs im Februar 2010 als auch der Sieg seiner Partei der Regionen bei der Parlamentswahl 2012 gelten als demokratisch. (awp/mc/ps)