EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.
Gödöllö – Knapp sieben Monate vor dem Ausscheiden von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet fehlt der EU eine klare Nachfolgeperspektive. «Wir suchen immer noch wählbare und verfügbare Kandidaten», sagte der amtierende Vorsitzende der EU-Finanzminister, der Ungar György Matolcsy, am Samstag in Gödöllö nach Abschluss der Beratungen mit seinen Amtskollegen.
Trichet wird nach acht Jahren an der Spitze der Europäischen Zentralbank (EZB) Ende Oktober turnusmässig ausscheiden. Da Bundesbankchef Axel Weber Ende des Monats aufhört, werde es keinen deutschen Kandidaten für die EZB-Spitze geben, hiess es in Gödöllö. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) äusserte sich dazu nicht: «Die Entscheidung steht Ende Juni an. Die Bundesregierung hat entschieden, dass sie sich zeitnah eine Meinung bilden wird.»
«Mr. Euro»
Als eindeutiger Favorit gilt inzwischen der Chef der italienischen Notenbank, Mario Draghi. Die EU-Staats- und Regierungschefs müssen bei ihrem nächsten Gipfel am 24. Juni in Brüssel über die Spitzenpersonalie entscheiden. Diplomaten sagten am Rande des Treffens, es sei wichtig, dass die EU bald Klarheit über die Trichet-Nachfolge schaffe. Denn die Finanzkrise sei noch nicht ausgestanden – Finanzmärkte und Bürger müssten Sicherheit haben, dass der Euro in erfahrenen Händen sei. Der EZB-Chef gilt gemeinhin als «Mr. Euro».
«Fantastischer Job»
Der italienische Ressortchef Giulio Tremonti antwortete auf eine Frage, ob bei dem Treffen über Draghi gesprochen worden sei: «Nein.» Auch Trichet selbst und Weber nahmen zu dem Nachfolge-Poker keine Stellung. Matolcsy meinte, es sei «sehr schwer», einen Präsidenten für die EZB zu finden, da Trichet einen «fantastischen Job» mache. (awp/mc/ps)