Madrid – Trotz angekündigter Bankenhilfen in dreistelliger Milliardenhöhe nehmen Anleger Spanien immer stärker unter Beschuss. Am Dienstag kletterte die Rendite im richtungsweisenden zehnjährigen Laufzeitbereich auf den höchsten Stand seit Einführung des Euro. Einen weiteren Nackenschlag für Spanien gab es von der Ratingagentur Fitch: Am Nachmittag stufte das Unternehmen 18 spanische Geldhäuser herunter. Die Finanzmärkte schalten in den Panik-Modus.
Bis zum Nachmittag legte die Rendite um 0,26 Prozentpunkte auf 6,783 Prozent zu. Noch nie seit Gründung der Währungsgemeinschaft lag sie über diesem Niveau. Auch italienische Staatspapiere hat die Krise mit voller Wucht erfasst. Die zehnjährigen Renditen kletterten um 15 Basispunkte auf 6,156 Prozent. Nach Einschätzung von Experten herrscht die blanke Panik am Markt. «Wie stark die Verunsicherung ist, zeigt sich nicht nur an den starken Verkäufen von spanischen und italienischen Staatsanleihen», sagte Burgheim. «Mittlerweile werden auch die als bisher sicher geltenden deutschen Anleihen verkauft.» Stark nachgefragt werde neben dem Dollar auch das Gold.
Rating-Rundumschlag gegen spanische Sparkassen
Die Ratingagentur Fitch heizte die Nervosität an den Finanzmärkten mit einem Rundumschlag gegen den spanischen Finanzsektor weiter an. Nachdem die Agentur kürzlich bereits die Kreditwürdigkeit der beiden Schwergewichte Banco Santander und BBVA gesenkt hatte, stufte Fitch am Dienstag 18 Sparkassen herab. Der Euro erreichte ein Tagestief bei 1,2443 US-Dollar. Die Aktienmärkte gerieten ebenfalls in Aufruhr: Der Dax fiel unter die Marke von 6.100 Punkte, der Eurostoxx rutschte auch deutlich ins Minus und der Dow-Jones-Index gab in ‹New York seine Gewinne fast vollständig ab.
Immer deutlicher wird unterdessen auch, wie sehr die Finanzmärkte an den jüngst beschlossenen Hilfszahlungen für den maroden spanischen Bankensektor zweifeln. Am Wochenende kündigten Madrid und seine Euro-Partner an, dass Spanien unter den Rettungsschirm schlüpfen wird. Bis zu 100 Milliarden Euro sollen aus den Krisenfonds EFSF oder ESM fliessen, damit der angeschlagene spanische Finanzsektor saniert werden kann.
Italien löst Spanien als grösster Krisenherd ab
Die Befürchtungen, dass Hilfen allein für die Banken nicht reichen, wird jedoch immer grösser. «Auch wenn Spanien zunächst nur für seine Banken um Geld bittet, ist die Wahrscheinlichkeit nun recht gross, dass das Land bald auch für die Finanzierung seines normalen Staatshaushalts um Hilfe nachsuchen wird», sagt Commerzbank-Analyst Ralph Solveen.
Doch mittlerweile hat Italien, das als drittgrösste Euro-Volkswirtschaft als entscheidender Dominostein in der Schuldenkrise gilt, Spanien als grössten Unruheherd abgelöst. Spätestens nachdem Österreichs Finanzministerin Maria Fekter ein Hilfsprogramm für Rom am Montagabend nicht ausschliessen wollte, zittert Europa um ein Schwergewicht, das nach einhelliger Expertenmeinung zu gross für den Rettungsschirm wäre.
Monti rüffelt Fekter
Dass der italienische Premier Mario Monti Fekter umgehend auf die Finger klopfte, beeindruckt Investoren wenig. «Ich halte es für vollkommen unangemessen, dass eine Ministerin eines EU-Mitgliedstaates die Lage eines anderen EU-Mitgliedstaates kommentiert. Daher verzichte ich auf jegliche Kommentare», hatte Monti am Dienstag in Rom auf Anfrage von Journalisten gesagt, die ihn um eine Reaktion auf Fekters Äusserung baten.
Commerzbank-Experte Solveen ist auch mit Blick auf Italien skeptisch. Zwar scheine die Regierung bei der Reduzierung des Budgetdefizits halbwegs im Plan zu sein. Ansonsten dominierten aber die schlechten Nachrichten: Die Konjunktur sei zu Jahresbeginn eingebrochen, und der Reformwillen der italienischen Politik sei offensichtlich bereits wieder deutlich erlahmt. «So könnte auch ein Hilfsantrag Italiens nur eine Frage der Zeit sein.» (awp/mc/pg)