Europa spannt riesigen Rettungsschirm gegen Schuldenkrise

Europa spannt riesigen Rettungsschirm gegen Schuldenkrise
Euro-Rettungsschirm

Luxemburg – Europa hat erstmals eine felsenfeste «Brandmauer» von 700 Milliarden Euro gegen die Schuldenkrise: Die Euro-Kassenhüter haben dazu den neuen Rettungsfonds ESM offiziell aus der Taufe gehoben. Bei der konstituierenden Sitzung verabschiedeten die Minister am Montag in Luxemburg die Satzung und bestellten das Direktorium.

«Von heute an ist der ESM einsatzfähig», sagte der Chef des ständigen Rettungsschirms, der Deutsche Klaus Regling. Erste Anwärter für Hilfsmilliarden aus dem Luxemburger Topf mit einem Kreditvolumen von 500 Milliarden Euro sind marode spanische Banken. Ihnen war bereits im Juli ein Betrag von bis 100 Milliarden Euro zugesagt worden – davon werden aber voraussichtlich nur etwa 40 Milliarden Euro von den Europäern benötigt.

Juncker: Effektive Brandmauer
Der Inselstaat Zypern ist auch potenzieller Kandidat für Hilfen aus dem ESM – es wird mit einem baldigen Gesuch für ein Vollprogramm für den Gesamtstaat gerechnet. Im Gegenzug für Hilfen müssen Empfänger präzise Auflagen erfüllen. Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker, der auch den Gouverneursrat der neuen Finanzinstitution führt, resümierte: «Die Euro-Zone ist jetzt mit einer permanenten und effektiven Brandmauer ausgestattet.»

Schäuble: Es geht Schritt für Schritt voran
Der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte: «Es zeigt, dass wir Schritt vor Schritt vorankommen.» Der dauerhafte Stabilisierungsmechanismus trete in Kraft, «so wie wir das immer gesagt haben». Schäuble fügte hinzu: «Und das zeigt: Wir sind berechenbar, wir sind verlässlich, und irgendwann werden es die Finanzmärkte auch begreifen.»

Zum Vergabeumfang von 500 Milliarden Euro des ESM kommen noch Restmittel von rund 200 Milliarden Euro aus dem befristeten Vorgängerschirm EFSF. Im Gegensatz zum Vorgänger ist der ESM eine internationale Finanzorganisation, die im übernächsten Jahr 80 Milliarden Euro eingezahltes Kapital haben wird. Der EFSF wird vorerst noch weiterlaufen. Aus seinen Töpfen werden wie bisher Programme für Portugal, Irland und Griechenland geleistet.

«Rieseninstrumentarium»
Der luxemburgische Kassenhüter Luc Frieden sagte: «Falls etwas schiefgeht, haben wir jetzt einen Feuerlöscher, um einzuspringen.» Die Lage sehe wesentlich ruhiger aus als noch vor zwei Jahren. Seine österreichische Amtskollegin Maria Fekter sprach mit Blick auf den ESM von einem «Rieseninstrumentarium».

Fonds kann auch Banken helfen
Wesentliche Entscheidungen trifft künftig der Gouverneursrat, der sich aus den Finanzministern der 17 Euro-Staaten zusammensetzt. Der neue Krisenfonds kann finanzschwachen Länder Hilfskredite geben oder deren Anleihen auf den Finanzmärkten aufkaufen. Es gibt auch die Möglichkeit eines vorbeugenden Programms mit einer Kreditlinie. Wenn die zentrale europäische Bankenaufsicht steht, wird der Fonds auch notleidenden Banken direkte Finanzspritzen geben können. Die genauen Bedingungen dafür sind noch umstritten.

Mehrere Minister sagten, Madrid habe bisher über das Bankenprogramm hinaus keine weitere Hilfen von den Europartnern zur Stabilisierung angefragt. Schäuble sagte dazu: «Die spanische Regierung sagt, sie braucht kein Hilfsprogramm. Spanien macht alles, was notwendig ist: In der Finanzpolitik, in den Strukturreformen.»

Fitch stuft ESM-Rettungsfonds mit Bestnote ‹AAA› ein
Die Ratingagentur Fitch hat den neuen Euro-Rettungsfonds ESM am Tag der offiziellen Gründung durch die Euro-Finanzminister mit der Bestnote «AAA» bewertet. Der Ausblick für den neuen Rettungsfonds sei «stabil», teilte die Agentur am Montag mit. Damit ist auch in den kommenden Monaten nicht mit einer Herabstufung der Kreditbewertung des ESM zu rechnen.

Als Gründe für die positive Bewertung nannte Fitch unter anderem die «vergleichsweise hohe Kapitalisierung» des Rettungsfonds. Der neue Fonds kann Euro-Ländern Hilfen von bis zu 500 Milliarden Euro geben. Die Liquidität des Fonds reiche aus, um alle Schuldverschreibungen in den kommenden zwölf Monaten abzudecken. Ausserdem geniesse der Fonds unter den Gläubigern einen bevorzugten Status, den sogenannten «preferred creditor status (PCS), hiess es weiter. Bei einem Kreditausfalls werden Gläubiger mit diesem Status zuerst bedient.

«Kluge Richtlinien» zum Einsatz der ESM-Milliarden
Ferner hoben die Fitch-Experten die Durchgriffsrechte des ESM bei möglichen Gläubigern hervor, in Verbindung mit «klugen Richtlinien» zum Einsatz der ESM-Milliarden. Zudem geniesse das Führungspersonal des Rettungsfonds eine starke politische Rückendeckung durch die Regierungen der Eurozone. (awp/mc/upd/ps)

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