Sorgenkind Griechenland beschäftigt Finanzminister
Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Finanzminister.
Luxemburg – Neue schlechte Nachrichten aus Griechenland beunruhigen Europa und die Welt. Die Finanzminister der 27 EU-Staaten beraten heute in Luxemburg über die Lage in dem pleitebedrohten Land, das seine Sparziele für das laufende Jahr verfehlen wird. Das Haushaltsdefizit wird in diesem Jahr höher ausfallen als mit der EU, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbart.
Statt der vereinbarten 7,6 Prozent wird es nach Angaben des Athener Finanzministeriums nun 8,5 Prozent betragen.
Bereits am Montag hatten die Finanzminister der 17 Euro-Länder sieben Stunden lang über die Situation Griechenlands diskutiert. Die Minister verschoben ihre Entscheidung über die Auszahlung der dringend benötigten nächsten Kreditrate über acht Milliarden Euro aus dem aktuellen Hilfsprogramm. Die Gelder sollten nicht schon Mitte des Monats, sondern erst «im Laufe des Oktobers» freigegeben werden, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker.
Neues Geld erst im November benötigt
Griechenland benötige erst im November frisches Geld – bislang hatte es geheissen, ohne neue Hilfsgelder sei das hochverschuldete Land bereits Mitte Oktober pleite. «Verlängerung der Herzensangst», titelte dazu die konservative Athener Zeitung «Kathimerini». Derzeit ist die sogenannte «Troika» aus EU, EZB und IWF in Athen. Von ihrer Einschätzung der Lage machen die Euroländer die Freigabe der Rate abhängig. Athen muss strikte Auflagen für die Hilfsgelder erfüllen.
Umsetzung des zweiten Hilfspakets rückt näher
Zugleich ist die Umsetzung des künftigen, zweiten Hilfspakets für Griechenland aber näher gerückt. Nach monatelangen Verhandlungen einigten sich die Minister der Euro-Staaten in Luxemburg auf eine Lösung im Streit um Sicherheiten, die vor allem Finnland im Gegenzug für neue Hilfskredite verlangt hatte. Künftig können die geldgebenden Euro-Staaten griechische Staatsanleihen als Sicherheitspfand verlangen. Da diese aber mit hohen Auflagen verbunden sind, zeigte ausser Finnland kein Staat Interesse daran.
EFSF: Warten auf die Slowakei und Holland
Nach Angaben Junckers fehlt nun nur noch die Zustimmung von zwei Staaten zu der geplanten Ausweitung des Rettungsfonds EFSF – die der Niederlanden und des Wackelkandidaten Slowakei. Der Fonds, der 440 Milliarden Euro Notkredite an Krisenländer verleihen kann, soll neue Aufgaben bekommen und schlagkräftiger werden. Am Rande des Treffens ging es auch um Kredithebel, mit denen der Fonds seine Ausleihsumme aufstocken könnte, ohne dabei die Garantien zu erhöhen. «Die Gelder sollen möglichst effektiv eingesetzt werden», sagte Juncker. Über Details werde weiter verhandelt.
Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes
Die Minister wollen zudem eine Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes beschliessen, die ab Januar 2012 gelten soll. Das Europaparlament hatte bereits zugestimmt. Ausserdem wollen die Kassenhüter schärfere Regeln für den gigantischen ausserbörslichen Handel mit Derivaten und Kreditausfallversicherungen auf den Weg bringen.
Neue Streiks in Griechenland
An diesem Mittwoch sollen in Griechenland alle staatlichen Betriebe und Behörden bestreikt werden. Der Luftraum wird für 24 Stunden geschlossen bleiben. Ministerpräsident Giorgos Papandreou soll nach Informationen von «Kathimerini» bei einem Treffen mit Abgeordneten seiner Partei gesagt haben, er fürchte sich vor einem grossen «Bang» – einer Art Volksaufstand. Sein Büro dementierte jedoch Gerüchte, wonach er an einem Rücktritt denke. Diese Informationen seien nach den Worten eines engen Mitarbeiters «Müll». (awp/mc/pg)