Euro-Staaten wappnen sich für Griechenland-Pleite
Die dunklen Wolken über dem griechischen Parlament verziehen sich nicht.
Berlin – Trotz des zweiten Rettungspakets für Griechenland treffen die Euro-Staaten auch Vorsorge für den Fall einer Staatspleite des hoch verschuldeten Landes. So hält der österreichische Kanzler Werner Faymann eine Staatspleite Griechenlands für möglich. Eine solche könne er nicht ausschliessen. Er wisse nicht, ob die Bevölkerung den Sparkurs von Ministerpräsident Giorgos Papandreou mittragen werde.
Dies sagte Faymann am Sonntag im Fernsehsender ORF. Eine Staatspleite sei aber das ungünstigste Szenario. Er hoffe, dass Griechenland und die EU keinen Plan B bräuchten. Faymann sagte, um die Schuldenkrise zu lösen, müsse Papandreou seine Sparpläne durchsetzen und eine Mehrheit dafür im Parlament bekommen.
Entscheid Mitte Woche
Die für Mitte Woche angesetzte Abstimmung steht auf der Kippe. Gegen Papandreous Sparprogramm von 28 Milliarden Euro stellen sich auch Abgeordnete seiner eigenen sozialistischen Bewegung PASOK. Die Beratungen im Parlament in Athen beginnen am (heutigen) Montag. Die oppositionelle konservative Nea Dimokratia will das Sparpaket zu Fall bringen. Deren Chef Andonis Samaras erklärte, das Programm würde Griechenland nur tiefer in die Rezession treiben.
Schäuble ist besorgt
Griechenland braucht im Juli 12 Milliarden Euro, um seine Rechnungen bezahlen zu können. Grösster Kreditgeber innerhalb der EU ist derzeit Deutschland. Deren Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte in der Zeitung «Bild am Sonntag» erneut vor einem Scheitern des griechischen Sparpakets gewarnt. Sollte das Parlament die Pläne ablehnen, könnten der Internationale Währungsfonds, die EU und die Euro-Länder keine Kredite mehr vergeben werden, weil die Voraussetzungen dafür nicht erfüllt wären. Eine Staatspleite würde die Stabilität der Euro-Zone in Gefahr bringen und schwere Folgen für die Weltwirtschaft haben. Es werde aber alles darangesetzt, eine Zuspitzung der europäischen Schuldenkrise zu verhindern, sagte Schäuble.
BIZ warnt
Zentralbanker drängten Griechenland dazu, die Reformen umzusetzen. «Wir müssen handeln und beweisen, dass sich Griechenland nicht selbst zerstören will», sagte der griechische Zentralbankchef und Mitglied des Rats der Europäischen Zentralbank, Giorgos Provopoulos. Sein EZB-Kollege Yves Mersch warnte vor einem Chaos bei einer Zahlungsunfähigkeit. Auch die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich mit Sitz in Basel schlug Alarm. In ihrem Jahresbericht warnte sie vor einer Ausweitung der Krise auf die Weltwirtschaft.
Banken sollen sich beteiligen
Umstritten ist, in wie weit sich die Banken an der Griechenland-Rettung beteiligen sollen. Die Verhandlungen zwischen den Banken und den Finanzministern der Euro-Staaten sind am Laufen. Aus Paris wurde in der Nacht zum Montag vermeldet, in Frankreich habe man sich geeinigt. Nach einem Bericht der Zeitung «Le Figaro» sollen die Gläubiger 70 Prozent des Geldes, das sie bei Fälligkeit der griechischen Anleihen zurückbezahlt bekommen, dem Land wieder zur Verfügung stellen. 50 Prozent sollten in neue Schuldtitel fliessen, für die eine Laufzeit von 30 statt von fünf Jahren vorgesehen sei.
Bald wieder Drachmen im Umlauf?
Unterdessen wurde die Kritik am Krisenmanagement der EU lauter. So geht Starinvestor George Soros davon aus, dass über kurz oder lang ein Land aus der Eurozone ausscheiden wird. Einen Plan B gebe es nicht, weshalb an Bestehendem festgehalten werde, sagte er in Wien. «Wir stehen am Rand des Zusammenbruchs, der – sagen wir mal – mit Griechenland anfängt, aber sich leicht ausweiten kann.» Die Zeit für Änderungen am System sei gekommen. Griechenland werde um eine Umschuldung nicht herumkommen, zeigte sich der weltgrösste Staatsanleihehändler Pimco überzeugt. Griechenland könne nicht wachsen, solange es so hohe Schulden habe, sagte Pimco-Chef Mohamed al-Erian dem US-Sender CNN. «Immer mehr Länder in Europa werden sich anstecken.»
Regierung denkt nicht an Wiedereinführung der Drachme
Der griechische Vize-Regierungschef Theodoros Pangalos wies Forderungen nach einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone und einer Wiedereinführung der Drachme aber als «gewaltige Dummheit» zurück. «Wer so etwas sagt, ist äusserst blöd.» Sollte Griechenland die Drachme wieder einführen, «wären die Banken am nächsten Tag von Leuten belagert, die ihr Geld abheben wollen, die Armee müsste sie mit Panzern beschützen, weil es nicht genug Polizei gäbe», sagte er der spanischen Zeitung «El Mundo». «Es würde überall Unruhen geben, die Geschäfte wären leer, manche Leute würden sich aus dem Fenster stürzen.» (awp/mc/ps)