Jean-Claude Juncker, Vorsitzender der Euro-Finanzminister.
Brüssel – In der Debatte um eine Rettung des Pleitekandidaten Griechenland wird in der EU eine «sanfte» Umschuldung nicht mehr ausgeschlossen. Das könnte eine Möglichkeit unter anderen sein, sagte der Vorsitzende der Euro-Finanzminister, Luxemburgs Jean-Claude Juncker, am späten Montagabend nach Beratungen in Brüssel.
Laut Diplomaten könnten dazu Laufzeitverlängerungen für Kredite oder Zinsverbilligungen gehören. Eine Umschuldung im grösseren Stil, bei der auch private Gläubiger auf ihre Forderungen verzichten müssen, sei nicht debattiert worden, sagte Juncker. Es gebe Einvernehmen, dass Athen 2011 mehr sparen müsse, um die Budgetziele zu erreichen. «Dringende Massnahmen sind nötig», sagte Juncker.
Griechenland muss mehr sparen
Derweil setzt die EU den Pleitekandidaten Griechenland offen unter Druck. Um zugesagte Sparziele zu erreichen, muss Athen im laufenden Jahr mehr sparen und den Verkauf von Staatseigentum ankurbeln. Das beschlossen die Euro-Finanzminister in der Nacht zum Dienstag in Brüssel. «Die Privatisierung in Griechenland ist in Verzug, das muss sich ändern», sagte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. Die Finanzminister aller 27 EU-Staaten wollen heute (Dienstag) über schärfere Regeln für spekulative Finanzprodukte entscheiden. Dabei geht es unter anderem um sogenannte Leerverkäufe, bei denen Spekulanten auf den Verfall einer Währung oder Aktie wetten. Auch der ausserbörsliche Handel mit Kreditausfallversicherungen soll reguliert werden. Debattiert wird auch die Reform der grenzüberschreitenden Zinsbesteuerung in der EU – damit soll der Steuerflucht über die Grenzen hinweg ein Riegel vorgeschoben werden.
Dramatischer Appell an Athen
Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn richteten einen dramatischen Appell an Athen, den Ernst der Lage zu erkennen. «Wir brauchen eine parteienübergreifende Vereinbarung wie in Portugal», sagte Juncker. Die Minister der Eurozone billigten am Montag ein Hilfspaket von 78 Milliarden Euro für Schuldensünder Portugal. Die ersten Hilfen sollen bereits Ende Mai nach Lissabon fliessen. Juncker äusserte sich betroffen über die Festnahme von IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in New York wegen Vorwurfs der Vergewaltigung. «Das macht mich sehr traurig.» Der Franzose sei ein guter Freund. (awp/mc/upd/ps)