Europäer und Währungsfonds retten Zypern vor der Staatspleite
Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem.
Brüssel – Eurostaaten und Weltwährungsfonds haben das kleine Zypern in letzter Minute vor dem Staatsbankrott bewahrt. Sie einigten sich mit der zyprischen Regierung nach einem über zwölfstündigen dramatischen Verhandlungsmarathon auf ein Hilfsprogramm von 10 Milliarden Euro.
«Wir können nun damit anfangen, den Menschen in Zypern beim Wiederaufbau ihrer Wirtschaft zu helfen», sagte EU-Währungskommissar Olli Rehn am frühen Montagmorgen in Brüssel.
Konnten unter 100’000 Euro geschützt
Die Euro-Finanzminister revidierten damit ihren umstrittenen Beschluss von Mitte März, wonach eine generelle Zwangsabgabe für Bankguthaben eingeführt werden sollte. «Konten unter 100.000 Euro sind geschützt, da gibt es keinen Zweifel dran», sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem. Die erste Einigung hatte zu einer Verunsicherung von Sparern in ganz Europa geführt. Nach EU-Recht sind Konten von bis zu 100.000 Euro bei Bankpleiten geschützt.
Stattdessen werden jedoch Grossanleger, Eigentümer und Gläubiger der beiden grössten Banken der Insel herangezogen. Die zweitgrösste Bank, Laiki, soll aufgespalten werden und am Ende de facto verschwinden. Kunden mit Einlagen von mehr als 100.000 Euro müssten mit erheblichen Verlusten rechnen, hiess es.
Grösste Bank wird verkleinert
Der Branchenprimus, die Bank of Cyprus, wird zurechtgestutzt und übernimmt den lebensfähigen Teil von Laiki. Auch hier müssen sich Einleger mit Guthaben von über 100.000 Euro auf Verluste einstellen. Die Troika der Geldgeber und die Regierung in Nikosia werden bald Details festlegen. «Es wäre unrealistisch zu sagen, dass wir keine bedeutenden Verluste erleiden», sagte der zyprische Ressortchef Michalis Sarris.
Die Gespräche fanden unter grossem Zeitdruck statt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte angekündigt, den zyprischen Banken am Dienstag den Geldhahn abzudrehen, wenn es keine Einigung auf ein Sanierungskonzept geben sollte. Ein solcher Schritt hätte einen Staatsbankrott und öffentliches Chaos zur Folge haben können. Letzten Endes stand bei der schweren Krise der Verbleib Zyperns in der Eurozone auf dem Spiel. «Wir haben die Unsicherheit für Zypern und die Eurozone beendet», sagte der Niederländer Dijsselbloem.
Schäuble: Bankensektor muss schrumpfen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will noch am Montag die Fraktionsvorsitzenden des Bundestages unterrichten. Er zeigte sich überzeugt, dass die Volksvertretung dem Kompromiss zustimmen werde. «Der zyprische Bankensektor wird im Verhältnis zu der Grösse der zyprischen Wirtschaft auf das durchschnittliche europäische Niveau zurückgeführt werden müssen», kommentierte Schäuble. «Ich bin froh, dass wir jetzt das erreicht haben, was immer unsere Position war.»
Am (heutigen) Montag laufen laut Dijsselbloem auch Verhandlungen zwischen der Troika und der zyprischen Regierung über die Wiedereröffnung der Banken. Bisher war von Dienstag die Rede gewesen. «Es gibt noch kein festgelegtes Datum», sagte der Sozialdemokrat.
IWF-Anteil noch offen
Die EU-Spitze mit Gipfelchef Herman Van Rompuy und EU-Kommissionschef José Manuel Barroso spielte bei den Verhandlungen eine herausragende Rolle. Sie verhandelten lange mit Zyperns Präsident Nikos Anastasiades. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, und EZB-Chef Mario Draghi waren eingeschaltet. Die Euro-Finanzminister stimmten dann dem Kompromiss zu.
Die Höhe des IWF-Anteils ist noch offen. Nach früheren Angaben ist rund eine Milliarde Euro im Gespräch. Wie hoch die Eigenbeteiligung Zyperns letztlich sein wird, ist wegen der noch offenen Einschnitte bei den Grossbanken noch nicht sicher. Bisher war von rund 7 Milliarden Euro die Rede gewesen, wobei allein 5,8 Milliarden Euro auf die nun gestrichene Zwangsabgabe entfielen. (awp/mc/ps)