Ist die Krise vorbei?
Staatspräsident Nicolas Sarkozy, Kanzlerin Angela Merkel.
Brüssel – Deutschland und Frankreich sind uneins, ob Entwarnung bei der schweren Finanzkrise gegeben werden kann. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht die Eurozone unverändert in einer schwierigen Lage. «Wir sind nach wie vor in einer fragilen Situation», sagte Merkel am Freitag nach Abschluss des EU-Frühjahrsgipfels in Brüssel. «Wir haben Fortschritte erzielt, aber zu sagen, es ist jetzt Entwarnung, das wäre jetzt viel zu früh.»
Merkels engster Verbündeter beim Krisenmanagement, Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy, meinte hingegen: «Wir sind dabei, die Krise hinter uns zu lassen.» Europa könne ein neues Kapitel aufschlagen. Der konservative Staatschef kämpft zu Hause für eine Wiederwahl. Massive Finanzspitzen der Europäischen Zentralbank (EZB) für europäische Geldhäuser hatten zuletzt für eine deutliche Beruhigung an den nervösen Finanzmärkten gesorgt. Auf Druck internationaler Partner wie den USA stärken die Euroländer ihre «Schutzmauern» gegen die Schuldenkrise. Die Bareinzahlungen in den neuen dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM werden vorgezogen, beschloss der Gipfel. In diesem Jahr werden bereits zwei von fünf Raten eingezahlt. Der ESM basiert auf einem internationalen Vertrag und soll für mehr Vertrauen an den Märkten gegenüber Eurozonen-Wackelkandidaten wie Italien oder Spanien sorgen.
Fiskalpakt unterzeichnet
Noch im März werden die Euro-Finanzminister über eine mögliche Aufstockung der Krisenfonds EFSF und ESM entscheiden, kündigte Ratspräsident Herman Van Rompuy an. Der ESM-Schirm hat bisher einen Umfang von 500 Milliarden Euro – in der Debatte ist eine Erhöhung auf 1 Billion Euro oder mehr. Diskutiert wird auch eine Zusammenlegung des EFSF und des ESM. 25 Staatenlenker unterschrieben am Rande des Spitzentreffens den neuen Fiskalpakt für mehr Haushaltsdisziplin. «Das ist ein Signal für die Stabilität der Eurozone», sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso.
«Meilenstein in der Geschichte der EU»
Merkel sprach von einem «Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union». Grossbritannien und Tschechien bleiben bei dem Pakt, der unter anderem nationale Schuldenbremsen nach deutschem Muster vorschreibt, aussen vor. Der Vertrag muss nun noch in den Unterzeichnerländern gebilligt werden – in Irland steht eine Volksabstimmung dazu an. Die Euroländer haben nun noch ein kniffelige Personalfrage zu lösen. Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker will auf den Vorsitz der Eurogruppe verzichten, in der sich die obersten Kassenhüter des gemeinsamen Währungsgebiets treffen. Das Mandat von «Mr. Euro» läuft Ende Juni aus.
Syrien-Politik Chinas und Russlands kritisiert
Der Gipfel kritisierte in ungewöhnlich deutlichen Worten die Syrien-Politik Chinas und Russlands. Beide Länder verhindern im UN-Sicherheitsrat eine Resolution, die das Regime von Präsident Baschar al-Assad für die Gewalttaten in seinem Land verantwortlich macht. «Wir sehen, dass es Bewegung gibt in der Haltung beider Länder, und natürlich werden wir nach den russischen Wahlen am nächsten Sonntag klarer sehen», sagte Van Rompuy. Merkel bezeichnete das Vorgehen des syrischen Regimes gegen die Zivilbevölkerung als «völlig inakzeptabel». Die Staats- und Regierungschefs fordern in der verschärften Gipfelerklärung, die Verantwortlichen für Gräueltaten zur Rechenschaft zu ziehen. Die EU bekräftigte auch, dass al-Assad zurücktreten müssen. (awp/mc/ps)