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Frankfurt am Main – Schwache Wirtschaftsdaten aus China und dem Euroraum haben Anlegern am Donnerstag den Risikoappetit verdorben. Die meisten Aktienmärkte tauchten ab, auch der Euro und die Staatsanleihen kriselnder Euroländer gerieten unter Druck. Die mühsame wirtschaftliche Erholung in der Eurozone wirft die Frage auf, ob die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Geldpolitik weiter lockert. Auch die Ungewissheit über die Zinswende der US-Notenbank Fed sorgt laut Händlern für Nervosität.
Die Aussichten für die chinesische Wirtschaft verdunkeln sich weiter. Die Stimmung in den Chefetagen chinesischer Unternehmen ist schlechter als erwartet. Der vom britischen Bankhaus HSBC ermittelte Einkaufsmanagerindex (PMI) fiel im Februar überraschend auf 48,3 Punkte – so tief wie seit sieben Monaten nicht mehr. Experten hatten mit einem unveränderten Wert von 49,5 Punkten gerechnet. Unterhalb der kritischen Grenze von 50 ist von einer schrumpfenden Industrie auszugehen.
Angst vor harter Landung Chinas
«Neue Aufträge und Produktion gingen zurück, was neuerlichen Lagerabbau widerspiegelt», sagte der HSBC-Cheföknom Hongbin Qu. «Wir glauben, die Politiker in Peking können und sollten ihre Politik feinabstimmen, um das Wachstum in diesem Jahr auf einem beständigen Tempo zu halten.» Chinas Boom der vergangenen Jahre war massgeblich von lockerer Kreditvergabe und billigem Geld angefacht. Nun will Peking gegensteuern. Die Zentralbank verknappte am Donnerstag erneut das Geldangebot.
Nach den schwachen Vorgaben aus Asien fielen auch die Konjunkturdaten aus der Eurozone ernüchternd aus. Die wirtschaftliche Erholung hat einen überraschenden Dämpfer erhalten, wie der stark beachtete Einkaufsmanagerindex des Forschungsunternehmens Markit zeigte. Der zuverlässige Frühindikator fiel im Februar von 52,9 Punkten im Vormonat auf 52,7 Zähler. Volkswirte hatten mit einem Anstieg auf 53,1 Punkte gerechnet.
Aufschwung im Euroraum auf wackligen Beinen
«Der Rückgang des Einkaufsmanagerindex für die Eurozone zeigt, dass der Aufschwung weiter unausgeglichen ist und auf wackligen Beinen steht», sagte Markit-Chefökonom Chris Williamson. Der Euro geriet durch die Daten unter Druck. Am Nachmittag konnte sich die Gemeinschaftswährung allerdings etwas erholen und stand zuletzt bei 1,3718 US-Dollar. Am Vormittag war der Kurs noch bis auf 1,3686 Dollar abgerutscht. An den Anleihemärkten im Euroraum legten die Risikoprämien für Papiere aus Italien, Spanien und Portugal spürbar zu.
Die Finanzmärkte fragen sich nun, was die EZB aus den Zahlen macht. Vor dem Einkaufsmanagerindex waren bereits Inflationsdaten aus Frankreich veröffentlicht worden. Sie zeigten, dass die Teuerungsrate im Januar überraschend auf dem niedrigem Niveau von 0,8 verharrte. Das sorgt für Spekulationen, die EZB könnte mit weiteren geldpolitischen Lockerungen auf den schwachen Preisauftrieb und die zähe wirtschaftliche Erholung im Euroraum reagieren.
Unsicherheit über Zinswende in USA
Auch die aufgrund der schwachen Daten aus China ohnehin schon angeschlagenen europäischen Aktienmärkte reagierten negativ auf die Zahlen aus dem Euroraum. Der SMI verlor am Donnerstag 0,33 Prozent. Der deutsche Leitindex Dax fiel um 0,43 Prozent auf 9618,85 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx50 kämpfte sich mit 0,03 % knapp ins Plus.
Händler nannten zudem das am Mittwochabend veröffentlichte Sitzungsprotokoll («Minutes») der US-Notenbank Fed als belastenden Faktor für die Stimmung am Aktienmarkt. Derzeit fehlt dem Markt die Orientierung, wann die Fed ihre Zinswende einleiten könnte. Die Währungshüter wollen ihr Niedrigzinsversprechen («Forward Guidance») bald anpassen. Die «Minutes» zeigten aber, dass die Notenbanker sich noch nicht einig sind, woran sich der Zinspfad künftig ausrichten soll. Ursprünglich hatte die Fed ihre Niedrigzinsen an die Arbeitslosenquote gekoppelt, die entpuppte sich allerdings nicht als zuverlässiges Instrument. (awp/mc/upd/ps)