Muss sich in der Schweiz vor Gericht verantworten: Rudolf Elmer.
London – Der Schweizer Ex-Banker Rudolf Elmer hat der Internetplattform Wikileaks Tausende Daten von mutmasslichen Steuerbetrügern zur Auswertung und Veröffentlichung übergeben. Der Gründer der Enthüllungsseite, Julian Assange, nahm die über mehrere Jahre gesammelten Dateien am Montag in London auf CDs entgegen.
«Wir werden diese Informationen so behandeln, wie wir alle anderen Informationen auch behandeln, die wir bekommen», sagte Assange. «Es wird eine vollständige Offenlegung geben.» Elmer hatte angekündigt, zunächst keine Namen von Firmen oder Personen bekanntgeben zu wollen. Die Auswertung der Daten werde nun vermutlich einige Wochen oder sogar länger dauern, erläuterte Assange. Man werde sie nach den üblichen Wikileaks-Methoden zum Beispiel auf Widersprüche überprüfen oder Experten und andere Insider kontaktieren.
Daten von rund 2000 Bankkunden?
«Der Sonntag» hatte am Wochenende berichtet, die Daten enthielten Namen, Vermögensangaben und Kontobewegungen von rund 2000 Bankkunden, die ihr Geld am Fiskus vorbei deponiert haben sollen. «Die Dokumente zeigen, dass sie sich hinter dem Bankgeheimnis verstecken, um möglicherweise Steuern zu vermeiden», sagt Elmer der Zeitung. Mit dabei seien Multimillionäre, internationale Konzerne und Hedge-Fonds aus zahlreichen Ländern, etwa aus der Schweiz, Deutschland, den USA und Grossbritannien. Laut Elmer sollen auch Künstler und rund 40 Politiker darunter sein.
Elmer in der Schweiz vor Gericht
Nach eigenen Angaben hat Elmer bereits vor Jahren dem damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ohne Geldforderung Material angeboten, jedoch keine Antwort auf sein Schreiben bekommen. Elmer hatte bereits früher mit Wikileaks zusammengearbeitet. Während seiner Zeit bei der Bank Julius Bär auf den Cayman-Inseln hatte er geheime Kundendaten gesammelt und später veröffentlicht. Damit hatte er in mehreren Ländern Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung ausgelöst. Der frühere Banker war in der Schweiz 30 Tage lang in Haft. Am Mittwoch muss er sich vor dem Bezirksgericht in Zürich wegen des Vorwurfs der Verletzung des Bankgeheimnisses und der Nötigung verantworten.
Zähneklappern auch bei der Bank of America
Nach seiner Rückkehr von den Cayman-Inseln in die Schweiz sei er zu dem Entschluss gekommen, die Öffentlichkeit über das wahre Ausmass des internationalen Steuerbetrugs zu informieren. Er werde verfolgt und unter Druck gesetzt, beteuerte er. Die Initiatoren von Wikileaks hatten bereits vor Wochen angekündigt, Anfang 2011 mit ihren Enthüllungen eine US-Grossbank ins Visier nehmen zu wollen – Börsianern zufolge könnte dies die Bank of America sein. Wikileaks-Gründer Assange hatte in «Forbes» die Veröffentlichung von Material aus der Finanzbranche angekündigt, das «ungeheuerliche Übertretungen» und «unethische Praktiken» enthalte.
Kaupthings faule Milliardenkredite
Wikileaks hat bislang in drei grösseren Fällen geheime oder vertrauliche Dokumente aus Wirtschaftsunternehmen veröffentlicht. Nach den Veröffentlichungen Elmers über die Julius Bär Bank im Februar 2008, kamen im Juli 2009 interne Dokumente der isländischen Kaupthing Bank zum Vorschein, aus denen hervorging, dass die Bank Milliardenkredite ohne wirkliche Sicherheiten an die Aktionäre vergeben hatte. Ende 2009 tauchten bei Wikileaks Fragmente der geheimen Maut-Verträge zwischen der Bundesregierung und dem Maut-Betreiber Toll Collect auf. (awp/mc/ps/13)