Rolf Breuer, Ex-Vorstandsvorsitzender Deutsche Bank.
München – Noch vor Verlesung der Anklageschrift hat das Landgericht München I das Strafverfahren gegen den früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer ausgesetzt. Ein neuer Termin steht noch nicht fest, alle bisher vereinbarten sind mit der Entscheidung hinfällig.
Wegen Terminproblemen hatte das Gericht einen Ersatzschöffen verpflichtet, aber auch der Ersatz musste seine Teilnahme absagen. Der Name des zweiten Ersatzschöffen aber war der Verteidigung nicht rechtzeitig mitgeteilt worden. Dies hätte eine Woche vor der Verhandlung am Donnerstag passieren müssen. Daher beantragte die Verteidigung Breuers, die ordnungsgemässe Besetzung des Gerichts prüfen zu lassen. Weil die dafür vorgesehene Frist von einer Woche aber die anschliessenden Termine wegen der Urlaubspläne der Richter infrage stellte, setzte der Vorsitzende Richter Anton Winkler das Verfahren aus. Der Prozess muss nun komplett neu angesetzt werden.
Zank um Milliardenpleite Leo Kirchs
Gut einen Monat nach dem Tod von Leo Kirch hat der Streit um die Milliardenpleite des einstigen Medienzars im Jahr 2002 auch ein strafrechtliches Nachspiel. Der frühere Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer muss sich seit Donnerstag wegen versuchten Prozessbetrugs vor dem Landgericht München I verantworten. Die Anklage wirft dem Banker vor, 2003 in einem Zivilverfahren um milliardenschweren Schadenersatz für den Zusammenbruch des Kirch-Konzerns vor dem Oberlandesgericht München die Unwahrheit gesagt zu haben. Damit ist die lange und unübersichtliche Geschichte der Verfahren in Folge der Kirch-Pleite um ein Kapitel reicher. Breuer weist die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft zurück.
Vorwurf der Falschaussage
Die Anklage geht davon aus, dass Breuer vor Gericht über die Umstände eines Interviews falsche Angaben gemacht habe. In dem Gespräch hatte er Anfang 2002 Wochen vor dem Untergang der weit verzweigten Unternehmensgruppe die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt hatte. Breuer hatte 2003 vor Gericht ausgesagt, er habe seine Kenntnisse über die finanzielle Lage des Konzerns nur aus den Medien gewonnen. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Breuer auch aus internen Unterlagen informiert war.
Weitere Verfahren
Kirch, der am 14. Juli gestorben ist, warf Breuer und der Bank zeitlebens vor, den Untergang seines Konzerns verursacht zu haben. Vor allem das Interview, das Breuer Wochen vor dem dramatischen Untergang der Kirch-Gruppe gegeben hat, steht dabei im Mittelpunkt und ist auch Thema etlicher Zivilverfahren – eins läuft derzeit vor dem Oberlandesgericht München, ein weiteres ist anhängig. In dem Strafverfahren sind bisher vier Verhandlungstage angesetzt. Breuer weist die Vorwürfe zurück. Dem Ex-Manager drohen im Fall einer Verurteilung eine Geldstrafe oder bis zu fünf Jahre Haft. (awp/mc/ps)