Rajat Gupta, Ex-Verwaltungsrat von Goldman Sachs.
New York – Die US-Börsenaufsicht SEC wirft einem ehemaligen Mitglied des Verwaltungsrats von Goldman Sachs vor, hochbrisante Geschäftsgeheimnisse der Investmentbank ausgeplaudert zu haben. Der renommierte Unternehmensberater hat nach den Erkenntnissen der SEC auch den Konsumgüterriesen Procter & Gamble hintergangen.
Die Börsenaufsicht erhob am Dienstag Klage gegen Rajat Gupta. Der frühere Chef der Unternehmensberatung McKinsey soll den skandalumwitterten Hedgefonds-Gründer Raj Rajaratnam mit brandheissen Insidertipps versorgt haben. Die Affäre um Rajaratnam und seinen Hedgefonds Galleon erschüttert die Wall Street seit fast zwei Jahren.
Mehr als 18 Mio Dollar Profit
Die Unternehmen hätten Gupta vertraut und er habe sie verraten, sagte SEC-Chefermittler Robert Khuzami in Washington. Er bezifferte den Profit, den Rajaratnam und andere aus den Tipps von Gupta geschlagen haben, auf mehr als 18 Millionen Dollar. Gupta war nach den Erkenntnissen der SEC selbst bei Galleon investiert. Gupta sass vom November 2006 bis zum Mai 2010 im Verwaltungsrat von Goldman Sachs. Das Gremium kontrolliert die Konzernspitze und hat damit auch Zugang zu wichtigen Interna der Bank. Bereits im April war der Name von Gupta erstmals im Zusammenhang mit den Insidervorwürfen gefallen; er kandidierte damals nicht erneut für den Goldman-Verwaltungsrat und schied aus.
Detailreiche Klage
Die SEC listet in ihrer Klage detailreich auf, wie Gupta nach Gesprächen mit der Bankführung mehrfach zum Telefon griff und Rajaratnam sein Wissen brühwarm weitererzählte. So soll Gupta mitten in der heissen Phase der Finanzkrise ausgeplaudert haben, dass der legendäre Investor Warren Buffett satte 5 Milliarden Dollar in die Bank pumpen will – ein viel beachtetes Zeichen des Vertrauens in Goldman Sachs. Nur Minuten später und knapp vor Handelsschluss kaufte Rajaratnam demnach tausende Akien der Bank und verkaufte sie nach Bekanntwerden der Geldspritze mit Gewinn.
Auch Procter & Gamble betroffen
Auch soll Gupta seinen Kumpanen Rajaratnam vor einem drohenden Quartalsverlust bei Goldman gewarnt haben, so dass der Hedgefonds-Gründer seine Schäfchen ins Trocken bringen konnte. Die Bank selbst wollte die SEC-Erkenntnisse auf Anfrage nicht kommentieren. Gupta hatte auch bei Procter & Gamble, der Herstellerfirma von Gillette-Rasierern, Wick-Blau-Bonbons oder Duracell-Batterien, Einblicke in Interna und soll Rajaratnam mit geldwerten Tipps versorgt haben. Seit 2007 sass Gupta hier im Verwaltungsrat und legte das Amt erst am Dienstag nach der Veröffentlichung der SEC-Vorwürfe nieder.
«Herr Gupta hat nichts Falsches getan.»
Guptas Anwalt wollte dies aber nicht als Schuldeingeständnis gewertet haben. Die Vorwürfe entbehrten jeder Grundlage, sagte er. «Herr Gupta hat nichts Falsches getan.» Auch Hedgefonds-Gründers Rajaratnam bestreitet die Vorwürfe. Etliche vermeintliche Komplizen haben aber bereits Geständnisse abgelegt und es existieren belastende Tonbandaufnahmen. Nächste Woche startet das Gerichtsverfahren gegen Rajaratnam. Das regelrechte Insider-Netzwerk handelte den Erkenntnissen zufolge vor allem mit Aktien von Technologiekonzernen wie IBM oder Intel . Die Firmen selbst sind Opfer des Skandals, die Ermittler werfen ihnen kein Fehlverhalten vor.
Strafrechtliche Konsequenzen?
Die Staatsanwaltschaft in Manhattan wollte sich nicht dazu äussern, ob sie Gupta auch strafrechtlich belangen wird. Die SEC kann illegale Gewinne abschöpfen, eine Geldstrafe verhängen und ein Berufsverbot erreichen. Das Handeln mit Aktien aufgrund geheimer Informationen (Insiderwissen) ist verboten, weil es andere Anleger benachteiligt. Mit dem Wissensvorsprung kann abgeschätzt werden, wie sich Kurse entwickeln. In einen zweiten grossen Insiderfall, den die US-Justiz derzeit aufrollt, war auch Apple hineingezogen worden. Der Mitarbeiter eines wichtigen Zulieferers hatte Geheimnisse über neue Produkte an Investoren verraten. (awp/mc/ss)