Zürich – Die Schweizer Industrie braucht einer Analyse zufolge keine Negativzinsen mehr. Somit würde auch das wichtigste Argument der Schweizerische Nationalbank (SNB) für eine künstliche Schwächung des Schweizer Frankens wegfallen.
Zu diesem Schluss kommt ein Expertengutachten von WPuls, einem vom ehemaligen UBS-Chefökonomen Klaus Wellershoff gegründeten Beratungsunternehmen, wie die «SonntagsZeitung» berichtete. Wellershoff zeigt sich davon überzeugt, dass die Zeit für eine Zinserhöhung reif ist.
Dass der Franken nicht mehr überbewertet sei, lasse sich mit dem Vergleich des tatsächlichen Kurses mit dem kaufkraftbereinigten Kurs des Frankens begründen, so die Argumentation. Und da die Preise in wichtigen Absatzregionen der Schweiz seit Jahrzehnten stärker stiegen als in der Schweiz, steige auch der kaufkraftbereinigte Kurs und damit der korrekte Kurs des Frankens laufend an.
Stärkerer Preisanstieg im Ausland kompensiert Franken-Anstieg
Somit werde die Verteuerung des Frankens durch den stärkeren Preisanstieg im Ausland kompensiert. Und seit einigen Monaten sei die Teuerung der Konsumentenpreisen in Europa und den USA noch höher als gewöhnlich, sodass gemäss der Analyse von WPuls die Überbewertung des Frankens gänzlich verschwunden ist.
Wenn aber der Wert des Frankens für die Schweizer Wirtschaft keine Gefahr mehr darstelle, lasse sich auch rekordtiefe Leitzins der SNB von minus 0,75 Prozent kaum mehr rechtfertigen. Gleiches gelte für Interventionen am Devisenmärkten.
SNB hält dagegen
Anders sieht es die SNB. Die «SonntagsZeitung» verweist auf ihr Interview mit SNB-Vize Fritz Zurbrügg, in dem dieser sich fest davon überzeugt zeigte, dass der Negativzins notwendig bleibe. Die Schweiz brauche ein tieferes Tiefzinsniveau als im Ausland, damit der Franken nicht erneut an Attraktivität gewinne, lautet das Argument.
Klaus Wellershoff wiederum bestreitet diesen Zusammenhang: «Zu einer Aufwertung des Frankens nach der Finanzkrise ist es nicht wegen irgendeiner Zinsdifferenz gekommen, sondern weil die Schweizer Anleger die Erlöse aus den Exportüberschüssen nicht mehr im Ausland investiert haben, sondern in der Schweiz beliessen», so Wellershoff.
Die SNB fürchtet dagegen, dass bei einer Zinserhöhung, sich der Franken deutlich verteuerte, was wiederum ein geringeres Wirtschaftswachstum und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge hätte. (awp/mc/pg)