EY: Schweizer Banken erwarten steigende Ergebnisse

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(Foto: SNB)

Zürich – Zehn Jahre sind seit Ausbruch der Finanzkrise vergangen. Viele Banken sind seither vom Markt verschwunden, auch weil sie von der Politik gezwungen wurden, zahlreiche neue und teilweise sehr weitgehende Regulierungen umzusetzen. Diese Anpassungen waren und sind mit entsprechend negativen Folgen für die operative Ertragskraft und die Kosten verbunden. Hinzu kommen für die Institute neue Herausforderungen wie Negativzinsen, branchenfremde Konkurrenz sowie die zahlreichen fundamentalen Veränderungen aufgrund der Digitalisierung.

Trotz all dieser Schwierigkeiten und Unsicherheiten blicken die Schweizer Banken zuversichtlich in die nähere Zukunft. 82 Prozent (Vorjahr 68 Prozent) der in einer Studie von EY befragten Banken erwarten steigende operative Ergebnisse für das anstehende Jahr – das ist der höchste Wert seit mehreren Jahren. «Dieses Befragungsergebnis mag mit Blick auf die zahlreichen Herausforderungen erstaunen, aber es gibt durchaus gute Argumente für diese Zuversicht», sagt Patrick Schwaller, Managing Partner, Audit Financial Services, bei EY in der Schweiz. «Viele Banken haben in den letzten anspruchsvollen Jahren eine relativ hohe Widerstandsfähigkeit an den Tag gelegt und daraus ein neues Selbstbewusstsein entwickelt. Zudem erwartet ein Grossteil der befragten Institute, dass es zu Verbesserungen in den ökonomischen und regulatorischen Rahmenbedingungen kommen wird.»

Finanzmarktregulierung – ist das Ziel erreicht?
Im Nachgang zur Finanzkrise haben die Regulatoren weltweit strenge Auflagen durchgesetzt, insbesondere hinsichtlich Kapital, Liquidität, Derivatehandel sowie Anlegerschutz und Steuertransparenz. Heute sind die Finanzinstitute klar der Meinung, dass die verschärfte regulatorische Agenda ihre gewünschte Wirkung entfaltet hat: 87 Prozent der Banken sind der Überzeugung, dass der Finanzmarkt heute stabiler ist als vor der Finanzkrise. Weiter gehen 37 Prozent (Vorjahr 11 Prozent) der befragten Banken sogar davon aus, dass die Regulierung nicht weiter zunehmen wird – das ist der höchste Wert seit Durchführung dieser Studie. «Die verbleibende Kernfrage ist jedoch, ob das Finanzsystem in seiner heutigen Form auch ausreichend stabil ist für zukünftige, derzeit noch unbekannte Herausforderungen und Krisen», gibt Olaf Toepfer, Leiter Banking & Capital Markets bei EY in der Schweiz, zu bedenken.

Strategischer Fokus auf Innovation und Wachstum
Die letzten Jahre waren die Banken also stark mit der Umsetzung der neuen Regulierungsvorschriften beschäftigt. Entsprechend war der Fokus stark auf die dadurch entstehenden Kosten und die rückläufigen Margenentwicklungen gerichtet.

Mit der von der Bankenseite herbeigesehnten Normalisierung der regulatorischen Rahmen-bedingungen scheint auch eine Neupositionierung der generellen Fokusthemen stattzufinden. 43 Prozent (Vorjahr 27 Prozent) der befragten Institute wollen für das laufende Jahr den strategischen Fokus wieder vermehrt auf Innovation und Wachstum legen. Der Wandel, in dem sich wegen der Digitalisierung aktuell auch die Finanzbranche befindet, macht diese Entscheidung umso wichtiger. Neben Investitionen in neue Vertriebskanäle sowie neue Technologien stehen dabei vermehrt auch Partnerschaften mit Nicht-Banken, beispielsweise Fintech-Unternehmen, im Vordergrund.

Banken leiden unter Negativzinsen
Die Banken beurteilen die Negativzinsen weiterhin als problematisch – 86 Prozent (Vorjahr ebenfalls 86 Prozent) der befragten Banken erkennen negative Folgen aus der Tiefzinspolitik der SNB für ihr Institut. Als weitaus häufigste Folge wird in diesem Zusammenhang die Margenverengung im klassischen Bankgeschäft (59 Prozent) genannt. Der sich verstärkende Margendruck führt mitunter dazu, dass zwischenzeitlich die Mehrheit der Banken (57 Prozent) eine Weitergabe von Negativzinsen an Privatkunden nicht mehr kategorisch ausschliesst. Schwaller gibt hierzu Entwarnung: «Von dieser Entwicklung sollten Retailkunden jedoch weiterhin nicht direkt betroffen sein».

An dem für die Banken widrigen Zinsumfeld wird sich gemäss Einschätzung der befragten Institute kurzfristig nichts ändern. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (74 Prozent) geht davon aus, dass die Nationalbank erst mittelfristig, das heisst in ein bis drei Jahren, ihre expansive Geldpolitik beenden wird. Die Banken bleiben damit gefordert.

Attraktivität des Kreditgeschäfts nimmt weiter zu
Das Kreditgeschäft bleibt für die Schweizer Banken – trotz des Negativzinsumfelds – attraktiv und wird im Vergleich zu den Vorjahren sogar noch etwas attraktiver eingeschätzt. Nur noch 25 Prozent der befragten Institute gaben an, für das laufende Jahr eine restriktivere Kreditpolitik zu verfolgen. Dieser Wert lag vor vier Jahren noch bei 60 Prozent und hat dann kontinuierlich abgenommen. «Die Banken sind deutlich optimistischer als noch in den Vorjahren. Dies gilt insbesondere für KMU-Kreditfinanzierungen. Die schweizerischen KMU haben die Herausforderungen des Frankenschocks gut gemeistert und sind in guter Verfassung», stellt Schwaller fest.

Die letzten Jahre waren von einer Phase ungewöhnlich tiefer Kreditausfälle geprägt, was offenbar auch die Einschätzung der Banken beeinflusst. Nur noch 20 Prozent (Vorjahr 30 Prozent) der Banken rechnen – trotz laufend zunehmenden Kreditvolumens – mit steigenden Wertberichtigungen und Rückstellungen auf den Kreditausleihungen. «Solange die Zinsen tief bleiben, können die Kreditnehmer die derzeit historisch tiefen Finanzierungskosten relativ problemlos bezahlen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass dieses Szenario ewig Bestand haben wird», mahnt Schwaller.

Banken erkennen das Ausmass der Digitalisierung – Einsatz von Robotern ist geplant
Die Schweizer Banken erkennen zunehmend das Potenzial der Digitalisierung. 53 Prozent (Vorjahr 26 Prozent) der befragten Banken rechnen damit, dass die technologische Entwicklung letztlich auch in ihrer Branche eine fundamentale Auswirkung auf Strategien, Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse haben wird. Das ist ein veritabler Meinungsumschwung, denn noch in den Vorjahren sah die Mehrheit der Banken in der Digitalisierung vor allem einen zusätzlichen Vertriebskanal, welcher das bestehende Geschäft ergänzt. Heute sind beinahe drei Viertel der befragten Banken der Meinung, dass sich die Schweizer Finanzindustrie in einem Strukturwandel befindet.

«Die Digitalisierung ist der wichtigste Treiber für einen langfristigen Strukturwandel. Aus der Einschätzung der Banken lässt sich ablesen, dass die Digitalisierung längst nicht mehr nur ein Trend ist, sondern eine zunehmende Realität», so Toepfer. Als Reaktion auf diese Entwicklung investieren die Banken in den Aufbau von digitalen Thinktanks bzw. Innovations-Hubs, in welchen neue Lösungen getestet und weiterentwickelt werden.

Eine grosse Mehrheit von 75 Prozent der befragten Banken beabsichtigt in Zukunft auch Roboter bzw. virtuelle Assistenten einzusetzen. Diese Entwicklung wird sich nach Einschätzung der Banken insbesondere in den Bereichen Analyse und Entscheide (z. B. Anlagevorschläge, Kreditentscheide) als auch im Middle- und Backoffice niederschlagen. «Hierzu sind jedoch zunächst weitere Fortschritte in der Standardisierung und Industrialisierung von Geschäftsprozessen bei den Banken erforderlich», sagt Toepfer.

Cybersecurity ist das Thema der Stunde
Die im Eiltempo voranschreitende Digitalisierung führt zu einer höheren Verwundbarkeit der Banken bei der IT-Sicherheit. Durch das «Mobile Banking» sind neue Einfallstore für Hacker entstanden – das professionelle und sichere Handling von Daten ist zentral. Zahlreiche in den letzten Monaten bekannt gewordene Cyberangriffe auf private Mailkonten von Politikern, Geheimdiensten, Unternehmen, Zentralbanken und das Zahlungsnetzwerk SWIFT haben die immensen Gefahren rund um die Datensicherheit deutlich gemacht. Vor diesem Hintergrund ist es nur wenig verwunderlich, dass die Banken in der diesjährigen EY-Umfrage das Thema «Cybersecurity» als das wichtigste Fokusthema für das laufende Jahr genannt haben.

Download EY Bankenbarometer

Informationen zur Studie
Das EY Bankenbarometer basiert auf der Befragung von 100 Führungskräften (Mitglieder der Geschäftsleitung) von verschiedenen Banken in der ganzen Schweiz. Auch die Schweizer Einheiten der zwei Grossbanken wurden befragt; ihre Einschätzungen sind in die generellen Auswertungen eingeflossen, wurden aber in den Auswertungen nach Bankentyp nicht berücksichtigt. Bei 33 Prozent der befragten Institute handelt es sich um Auslandsbanken, bei 31 Prozent um Privatbanken, bei 22 Prozent um Regionalbanken und bei 14 Prozent um Kantonalbanken. 70 Prozent der Institute stammen aus der Deutschschweiz, 23 Prozent aus der Westschweiz und 7 Prozent aus dem Tessin. Die Befragung wurde im November 2017 durchgeführt. Die Erhebung und Auswertung der Daten erfolgte durch EY in der Schweiz.

Über die globale EY-Organisation
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Die EY-Organisation ist in der Schweiz durch die Ernst & Young AG, Basel, an zehn Standorten sowie in Liechtenstein durch die Ernst & Young AG, Vaduz, vertreten. «EY» und «wir» beziehen sich in dieser Publikation auf die Ernst & Young AG, Basel, ein Mitgliedsunternehmen von Ernst & Young Global Limited.

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