Olaf Toepfer, Partner und Banking Leader bei EY Financial Services Switzerland. (Foto: EY)
Zürich – Weltweit steht ein potenzielles Ertragsvolumen von bis zu 200 Mrd. USD auf dem Spiel, denn 40 Prozent aller befragten Kunden sind bereit, unter den richtigen Voraussetzungen den Vermögensverwalter zu wechseln. So die Schlussfolgerung des globalen Vermögensverwaltungsberichts 2016 von EY mit dem Titel «Kundenerlebnis: Der neue Wachstumstreiber in der Vermögensverwaltung».
Unternehmen, die es versäumen, strategische Investitionen zu tätigen, um ein bindendes Kundenerlebnis zu bieten, riskieren dem Bericht zufolge möglicherweise, einen erheblichen Teil ihres derzeitigen Geschäfts zu verlieren. Eine differenzierte Auswertung nach Alter und Vermögensschicht zeigt, dass die Loyalität bei den wohlhabenderen Kunden (knapp 70 Prozent der vermögenden und sehr vermögenden Privatpersonen, d. h., mit einem Vermögen von über 25 Mio. USD würden einen Wechsel erwägen) und bei der jüngeren Generation (fast 80 Prozent der 18- bis 34-Jährigen könnten zu einem Wechsel bewegt werden) am geringsten ist.
Die grosse Mehrheit (73 Prozent) der befragten Kunden unterhält Geschäftsbeziehungen zu mehreren Vermögensverwaltern. 57 Prozent von ihnen wären aus unterschiedlichen Gründen bereit, ihr Vermögen bei weniger Vermögensverwaltern zusammenzuziehen. Zu den Gründen zählen unter anderem «bessere Preise», «bessere Performance» und «besseres Kundenerlebnis». Auch wenn einige dieser Gründe vertraut klingen mögen: Was die Kunden tatsächlich mit diesen Aussagen meinen, hat sich der Umfrage zufolge erheblich geändert.
Mehr als 2’000 Vermögensverwaltungskunden (auch aus der Schweiz), die hinsichtlich Vermögensniveau, Alter, Region und Geschlecht ein breites Spektrum repräsentieren, wurden von Oxford Economics im Rahmen dieser Studie befragt. EY führte zudem Interviews mit mehr als 60 Führungskräften aus der Vermögensverwaltungsbranche durch, um besser nachzuvollziehen, wie Vermögensverwalter über die Themen Wachstumsinitiativen und Kundenerlebnis denken.
Bruno Patusi, Partner bei EY Financial Services und Survey Leader für die Schweiz, meint: «Diese Untersuchung sollte die Branche aufhorchen lassen. Die Spielregeln haben sich geändert. Wenn sie Wachstum erzielen wollen, müssen Vermögensverwalter jetzt lernen, mit Menschen, Robotern und hybriden Angeboten zu konkurrieren, um neue Vermögen anzuziehen und zu halten.»
Ertragswachstum als oberste Priorität
50 Prozent der befragten Vermögensverwalter gaben an, dass Ertragswachstum in den nächsten zwei bis drei Jahren an erster Stelle steht. Damit rücken die regulatorischen Themen erstmals wieder in den Hintergrund. Die spezifischen Massnahmen zur Erreichung dieses Ziels konzentrieren sich in erster Linie auf ein besseres Kundenerlebnis.
Vom Kunden abweichende Selbstwahrnehmung der Vermögensverwalter
Der Bericht deckt aber auch eine breite Kluft zwischen den Kundenerwartungen und der eigenen Wahrnehmung der Vermögensverwalter auf. Instinktiv erachten die meisten Vermögensverwalter, insbesondere in der Schweiz, den Kundenberater als den zentralen Faktor für ein gutes Kundenerlebnis. Eine Auffassung, die von den Kunden nicht mehr geteilt wird. Bei den Schweizer Instituten klafft diese Wahrnehmung um 33 Prozent auseinander. In Wirklichkeit ist die Qualität der Interaktion mit dem Berater nur einer von mehreren Aspekten und wird von den Kunden in etwa gleich gewichtet wie die Faktoren Digitales Angebot und Digitale Interaktionsmöglichkeiten.
Für die Schweiz stellte die Studie auch fest, dass gut über die Hälfte der Befragten Kunden bereits mit digitalen Beratungsleistungen vertraut sind. Nur 26 Prozent der Kunden sind derzeit nicht bereit, derartige Dienste zu nutzen.
Zentraler Faktor «Kundenerlebnis»
Das Kundenerlebnis bei der Vermögensverwaltung ist einzigartig und komplex: Während der gesamten Lebensspanne einer Geschäftsbeziehung gilt es, sich auf neue Situationen einzustellen. Demzufolge verfügten Vermögensverwalter weder über eine allgemein gültige Definition des Kundenerlebnisses noch über einen Standard, an dem sie sich messen können. Doch der Bericht beschreibt gerade solch allgemeine Anforderungen an das Kundenerlebnis, namentlich dass bei den Befragten Performance, Engagement und Vertrauen zum Vermögensverwalter zu den entscheidenden Kriterien zählen.
Kunden und Vermögensverwalter stimmen bezüglich der meisten dieser Werte überein. Es gibt jedoch drei Bereiche, in denen die Vermögensverwalter dem Bericht zufolge von den Kundenerwartungen abweichen.
- Transparenz – Die Kunden wünschen eine neue Form der Transparenz, die eine Bewertung ihrer Kundenberater und einen Zusammenschluss mit vergleichbaren Kunden in öffentlichen Foren mit einschliesst.
- Beratungskanäle – Die Kunden stehen der Nutzung digitaler Kanäle für die Vermögensberatung deutlich offener gegenüber als die befragten Unternehmen.
- Die Rolle der Kundenberater – Der Kundenberater kann künftig eher zu einem «Finanztherapeuten» werden, der den Kunden bei der Erreichung finanzieller Lebensziele unterstützt anstatt ausschliesslich Beratung zur Vermögensallokation zu erteilen oder andere Tätigkeiten auszuführen, die automatisiert werden könnten.
Das Fazit von Olaf Toepfer, Partner und Banking Leader bei EY Financial Services Switzerland, lautet: «In einer Branche, in der technologische Fortschritte, neue Wettbewerbsformen und Kundenerwartungen sich rasch ändern, sind Unternehmen, die herkömmliche Ansichten in Frage stellen und dabei ihren traditionellen Werten treu bleiben, für den Erfolg besser aufgestellt. Ein umfassendes Kundenerlebnis ist der Dreh- und Angelpunkt, mit dem ein Unternehmen im Vermögensverwaltungsumfeld steht oder fällt.» (EY/mc/ps)
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