EY: Weltweiter IPO-Markt erholt sich
Zürich – Der weltweite IPO Markt hat nach einem schwachen ersten Halbjahr im dritten Quartal wieder deutlich an Fahrt gewonnen: Die Zahl der Börsengänge stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 21 Prozent von 209 auf 252 Transaktionen, das Emissionsvolumen wuchs noch erheblich stärker: um 84 Prozent von 19,3 auf 35,4 Milliarden US-Dollar.
Die Ergebnisse des aktuellen weltweiten IPO-Barometers des Prüfungs- und Beratungsunternehmens EY zeigen, dass besonders der chinesische IPO-Markt kräftig zulegte: Nachdem im Vorjahresquartal gerade einmal 30 Unternehmen in China und Hong Kong den Schritt aufs Parkett gewagt hatten, verzeichneten die dortigen Börsenplätze in den vergangenen drei Monaten insgesamt 102 IPOs – ein Anstieg um 240 Prozent. Das Emissionsvolumen hat sich sogar mehr als verfünffacht: von 3,7 auf 19,3 Milliarden US-Dollar.
Auch in den Vereinigten Staaten gewann der Markt leicht an Fahrt – wenngleich auf nach wie vor relativ niedrigem Niveau: Die Zahl der Börsengänge an den US-Börsen stieg von 33 auf 35, die Erlöse legten um 13 Prozent von 5,7 auf 6,4 Milliarden US-Dollar zu. Nachdem Europa im ersten Halbjahr noch die weltweit führende IPO-Region war, ist die hiesige IPO-Aktivität im dritten Quartal aufgrund der aus dem Brexit-Votum resultierenden Unsicherheiten deutlich zurückgegangen: Die Zahl der IPOs sank um gut ein Drittel von 32 auf 20, das Emissionsvolumen ging um 19 Prozent von 4,4 auf 3,6 Milliarden US-Dollar zurück.
Verunsicherung nach Brexit
«Das Brexit-Votum führte vorübergehend zu erheblicher Verunsicherung und heftigen Marktschwankungen – insbesondere auf dem europäischen Kapitalmarkt», beobachtet Alessandro Miolo, Partner bei EY. «Zahlreiche Unternehmen zogen es in diesem Umfeld vor, ihre Pläne für einen Börsengang vorerst zu verschieben und auf einen besseren Zeitpunkt zu warten.» Seitdem habe sich die Situation leicht entspannt. Die Volatilität hat eher abgenommen und die Bewertungsniveaus an den Aktienmärkten sind wieder etwas angestiegen. «Zudem sorgt die vergleichsweise gute Kurs-Performance von IPOs im aktuellen Niedrigzinsumfeld für gute Rahmenbedingungen. Das IPO-Fenster ist derzeit also offen», so Miolo.
Grösster Börsengang seit Herbst 2014: Postal Savings Bank of China
Im dritten Quartal wurden weltweit fünf Milliarden-IPOs gezählt. Die grösste Transaktion war dabei das Börsendebüt der Postal Savings Bank of China, das 7,8 Milliarden US-Dollar einbrachte und zugleich der grösste Börsengang weltweit seit dem Alibaba IPO im September 2014 war. Die zweitgrösste Transaktion im dritten Quartal 2016 war der Börsengang des dänischen Zahlungsabwicklers Nets (2,0 Milliarden US-Dollar), gefolgt vom IPO des japanischen Messaging-Dienstes Line, der 1,3 Milliarden US-Dollar einbrachte.
Innerhalb Europas verzeichnete, bedingt durch das Brexit-Votum, vor allem der IPO-Standort Grossbritannien im dritten Quartal erhebliche Einbussen: Nachdem dort im ersten Halbjahr noch 33 Börsengänge im Gesamtvolumen von 3,8 Milliarden US-Dollar gezählt worden waren, wagten im dritten Quartal nur sieben Unternehmen in Grossbritannien den Schritt aufs Parkett und erlösten dabei 377 Millionen US-Dollar. Das europaweit höchste Emissionsvolumen verzeichnete im dritten Quartal die Kopenhagener Börse – dank dem IPO des Zahlungsverarbeiters Nets –, gefolgt von der italienischen Börse (vier IPOs, 929 Millionen USDollar).
Aktive Schweizer Life Sciences Branche
In der Schweiz zeigte sich im ausgelaufenen Quartal vor allem die Life Sciences Branche bezüglich möglicher Börsengänge interessiert. Die in Lausanne beheimatete und in der Alzheimerbekämpfung tätige AC Immune wagte im September erfolgreich den Schritt an die US-Technologiebörse Nasdaq. Ebenfalls dorthin zieht es die im Bereich Gen-Editierung tätige Basler Firma Crispr Therapeutics. Die Tessiner Firma Adienne zielte auf den Börsenplatz Zürich, sagte den angekündigten IPO aber aufgrund ungünstiger Marktbedingungen wieder ab.
«Trotz der getrübten Börsenstimmung und der bestehenden Unsicherheiten über die zukünftige Preissetzung in den USA wollen Schweizer Biotech-Unternehmen an die Börse. Das ist ein Zeichen für eine gesunde Industrie mit vielen nachrückenden jungen Unternehmen», sagt Jürg Zürcher, Partner und Biotech Leader bei EY Schweiz. «Die Nasdaq übt derzeit eine grosse Sogwirkung auf Schweizer Firmen aus. Die Industrie ist dort noch viel stärker verankert als in der Schweiz und die Investitionsbedingungen sind momentan klar besser. Dies scheint den Kostennachteil wettzumachen.»
Fünf IPOs an der Schweizer Börse
Im bisherigen Jahresverlauf wurden insgesamt fünf Schweizer Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von knapp 920 Millionen US-Dollar und einer Marktkapitalisierung von knapp 3 Milliarden US-Dollar durchgeführt. Der Rheintaler Vakuumventilhersteller VAT und die Immobiliengesellschaft Investis Holding schafften im April und Juni den Sprung an die SIX Swiss Exchange. Die Genfer GeNeuro, die Therapien gegen Autoimmunerkrankungen entwickelt, feierte das Börsendebüt im April an der Euronext Paris, während der Churer Netzwerkdienstleister Talkpool im Mai an der Nasdaq First North in Stockholm gelistet wurde. Die AC Immune folgte nun im September mit der Kotierung an der Nasdaq in New York.
Für den weiteren Jahresverlauf ist Alessandro Miolo vorsichtig optimistisch. Zum Jahresende hin könnte der IPO-Markt wieder an Dynamik gewinnen – vor allem in Europa. Angesichts erheblicher wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten – zu denen etwa die Präsidentschaftswahlen und ein möglicher Zinsschritt in den USA zählen – müssten IPO-Kandidaten aber das richtige Timing finden und flexibel bleiben, so Miolo. (EY/mc)
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