EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)
Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Kampf gegen die geringe Inflation erneut ihre Handlungsbereitschaft signalisiert. Falls notwendig, werde schnell gehandelt, heisst es im Monatsbericht der Notenbank vom Donnerstag. Der Zentralbankrat stehe einstimmig hinter einem Einsatz auch unkonventioneller Mittel. Dazu zählen Massnahmen wie zusätzliche Langfristkredite für die Banken (LTRO), Käufe von Kreditverbriefungen (ABS) oder Strafzinsen auf Bankeinlagen bei der EZB.
Notenbankchef Mario Draghi hatte vor einer Woche signalisiert, dass die Notenbank bereits auf ihrer nächsten Sitzung Anfang Juni handeln könnte. In den vergangenen Tagen hatten sich auch zahlreiche andere Notenbankvertreter zu Wort gemeldet, wie gegen die derzeit schwache Inflation im Währungsraum vorgegangen werden könnte. Grosse Beachtung fanden Aussagen von Chefvolkswirt Peter Praet, der ein ganzes Bündel von Instrumenten genannte hatte. Darüber hinaus hatte Bundesbankpräsident Jens Weidmann geäussert, geldpolitische Vorstösse der EZB bei Bedarf zu stützen.
Experten senken Inflationserwartungen deutlich
Unterdessen erwarten professionelle Beobachter einen weiteren Rückgang der Teuerung. Wie aus einer neuen Umfrage der EZB vom Donnerstag hervorgeht, rechnen Finanzfachleute sowohl für das laufende Jahr als auch für die kommenden Jahre mit einem geringeren Preisauftrieb. Die Verbraucherpreise dürften demnach 2014 um 0,9 Prozent steigen (bisher: 1,1 Prozent), 2015 um 1,3 (1,4) Prozent und 2016 um 1,5 (1,7) Prozent. Langfristig liegen die Erwartungen bei 1,8 (1,9 Prozent).
Die EZB strebt mittelfristig eine Rate von knapp zwei Prozent an. Bislang erwartet sie, dass sich die Teuerung gegen Ende 2016 wieder ihrem Zielwert annähern wird. Die neuen Prognosen könnten die Notenbank zusätzlich unter Druck setzen, ihre Geldpolitik weiter zu lockern. Im Gegensatz zu den aus Finanzinstrumenten ablesbaren Inflationserwartungen, die in den vergangenen Monaten spürbar gesunken waren, hatten sich die Erwartungen von Finanzexperten vergleichsweise stabil gezeigt.
Die EZB wurde bis zuletzt nicht müde zu betonen, dass die Inflationserwartungen trotz einer schwachen laufenden Teuerung «fest verankert» seien. Der erwarteten Inflation kommt in der Geldpolitik ein deutlich stärkeres Gewicht zu als dem aktuellen Preisauftrieb, nicht zuletzt wegen langer Wirkungsverzögerungen geldpolitischer Schritte. An den Wachstumserwartungen änderten die befragten Experten hingegen nur wenig. (awp/mc/upd/ps)