EZB dämpft massiv Zinssenkungserwartungen

Mario Draghi

EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)

EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Erwartungen an eine erneute Zinssenkung massiv gedämpft. Die jüngste Entscheidung der Notenbank, den Leitzins unverändert beim Rekordtief von 0,75 Prozent zu halten, sei im geldpolitischen Rat einstimmig gefallen, sagte Notenbankchef Mario Draghi am Donnerstag in Frankfurt nach der Zinsentscheidung des EZB-Rats. Ökonomen und die Finanzmärkte interpretierten die Aussagen als klaren Hinweis, dass die EZB eine Trendwende in der Eurokrise sieht und die Zinsen voraussichtlich in diesem Jahr nicht mehr antasten wird.

Eine breite Diskussion im EZB-Rat über eine Zinssenkung, wie im vergangenen Monat, scheint damit im Januar nicht stattgefunden zu haben. Auf Rückfrage von Journalisten sagte Draghi, dass die Zinsentscheidung einhellig gefallen sei und kein Ratsmitglied eine Zinssenkung gefordert habe. Der Euro legte daraufhin stark zu und stieg auf ein Tageshoch von 1,3237 US-Dollar. Gleichzeitig gerieten die Kurse deutscher Anleihen unter Verkaufsdruck. Die Einigkeit im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) bei der jüngsten Zinsentscheidung ist nach Einschätzung der Berenberg Bank ein starkes Signal an die Märkte.

Kein Exit-Überlegungen
«Eine Zinssenkung ist im laufenden Jahr nach den jüngsten Aussagen von Präsident Mario Draghi nicht zu erwarten», sagte Christian Schulz, EZB-Experte bei der Berenberg Bank. Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) spricht mit Blick auf die EZB-Entscheidung von einer «Politik der ruhigen Hand».

Für einen Ausstieg aus der Krisenpolitik ist es laut Draghi aber noch zu früh. Zwar habe sich die Lage an den Finanzmärkten entscheidend verbessert. Doch in der Realwirtschaft sei das noch nicht angekommen. «Wir denken jetzt nicht über einen Exit nach.» Um die Krise zu überwinden, müssten vor allem die Strukturreformen fortgesetzt werden. Die Regierungspolitik sei entscheidend. «Es ist zu früh, einen Erfolg auszurufen», sagte Draghi. Er zeigte sich jedoch zuversichtlich, das die Reformen sich auch beim Wirtschaftswachstum niederschlagen werden.

«Positive Ansteckungseffekte»
Die Konjunktur im Euroraum wird sich laut Draghi zunächst schwach entwickeln, im Laufe des Jahres aber erholen. Die wirtschaftliche Aufhellung dürfte allerdings moderat ausfallen. Die konjunkturellen Frühindikatoren hätten sich zuletzt verbessert. «Die EZB wird ihre Konjunkturprojektionen wahrscheinlich im März nach oben revidieren müssen», sagte Commerzbank-Experte Michael Schubert. Die jüngsten Wachstumsprognosen seien zu pessimistisch gewesen. Dies spricht laut Schubert gegen eine weitere Leitzinssenkung, da Enttäuschungen unwahrscheinlich seien.

Draghi verwies auf das grössere Zutrauen der Marktteilnehmer in den Währungsraum und die geringere Fragmentierung der Kreditmärkte. Neben dem Anleihekaufprogramms OMT sorgten laut Draghi auch die Reformen in den Mitgliedstaaten und auf der Ebene der Eurozone für eine Entspannung der Krise. Draghi sieht in der Eurozone sogar «positive Ansteckungseffekte».

Kapitalzuflüsse im Euroraum
An den Finanzmärkten haben sich laut Draghi ganze Reihe von Faktoren verbessert. Er verwies auf geringere Anleiherenditen in Krisenländern ebenso wie auf niedrigere Prämien für entsprechende Kreditausfallversicherungen. Auch sei die Entwicklung an den Aktienmärkten positiv zu werten, und die Marktschwankungen seien geringer geworden.

Darüber hinaus verzeichne der Euroraum wieder Kapitalzuflüsse, während die Bankeinlagen in krisengeschwächten Ländern zuletzt gestiegen seien. Ausserdem verringerten sich die grossen Ungleichgewichte im europäischen Zahlungsverkehrssystem Target2. Berenberg-Ökonom Schulz sieht aber auch noch Gefahren für die positive Marktstimmung. Er verweist auf die anstehenden Wahlen in Italien und die Diskussion um das Hilfspaket für Zypern.

Erwartete Preisentwicklung wenig verändert
Bei der erwarteten Preisentwicklung änderte sich ebenfalls wenig. Nachdem die Inflationsraten in den vergangenen Monaten stetig gesunken waren, rechnet Draghi damit, dass die Inflationsrate im Jahresverlauf wieder unter die Marke von 2,0 Prozent fällt. Die EZB strebt eine Rate von knapp zwei Prozent an. Dieses Ziel hat sie seit Ende 2010 nicht mehr erreicht. (awpp/mc/upd/ps)

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