EZB mit starkem Signal für Zinserhöhung im April

Jean-Claude Trichet

EZB-Präsident Jean-Claude Trichet.

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Ton wegen der anziehenden Inflation deutlich verschärft und starke Signale für eine Zinserhöhung bereits im April gesendet. «Eine Zinserhöhung im April ist möglich, allerdings nicht sicher», sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt. Die Entscheidung hänge vor allem von weiteren Daten ab, die bis dahin zur Verfügung stünden. «Wir sind niemals im Vorhinein festgelegt», unterstrich Trichet. Zuvor hatte der Zentralbankrat den Leitzins wie erwartet unverändert auf dem Rekordtief von 1,00 Prozent belassen. Der Euro kletterte mit 1,3970 Dollar auf den höchsten Stand seit November 2010, während der deutsche Anleihenmarkt stark unter Druck geriet.

«Das sieht nach einem Warnschuss aus», sagte Commerzbank-Experte Michael Schubert. Ein stärkeres Signal hätte Trichet kaum geben können. So habe er nicht nur die Schlüsselbegriffe «starke Wachsamkeit» verwendet, sondern auch ausdrücklich betont, dass eine Zinserhöhung auf der nächsten Sitzung möglich sei. Schubert ist davon überzeugt, dass es nicht bei einem Schritt bleiben wird. Auch DekaBank-Experte Carsten Lüdemann geht davon aus, dass der Erhöhung im April «mit leichter zeitlicher Verzögerung» weitere Schritte folgen werden. Trichet selbst hatte eine Serie ausgeschlossen und auf die Frage, ob auch mit einem grösseren Schritt im April zu rechnen sei, gesagt, dies sei nicht die richtige Interpretation.

Royal Bank of Scotland sieht Risiken
«Geschockt» zeigte sich hingegen die Royal Bank of Scotland. Vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage in mehreren Mitgliedsstaaten der Eurozone seien die Risiken einer schnellen Zinserhöhung als hoch einzuschätzen. Die üppige Liquiditätsversorgung der Banken behält die EZB unterdessen unverändert bei. Die Geschäftsbanken können sich weiterhin bei der Notenbank unbegrenzte Liquidität besorgen. Dies gilt auch für entsprechende Geschäfte mit einer Laufzeit von drei Monaten. Dieses Verfahren wurde im März 2010 im Rahmen des Ausstiegs aus der Krisenpolitik zwischenzeitlich ausgesetzt, allerdings kurze Zeit später wieder eingeführt. Ausschlaggebend waren Spannungen wegen der Schuldenkrise. Auch der zweite Anlauf zum Ausstieg zur Jahreswende 2010/2011 wurde durch die Irland-Krise gestoppt.

Hohe Wachsamkeit geboten
«Es ist hohe Wachsamkeit geboten», sagte der EZB-Präsident und verwendete damit eine in der Vergangenheit typische Formulierung, die auf eine baldige Zinserhöhung hindeutet. Die EZB stehe bereit, um entschieden und zeitnah zu handeln. Entscheidend sei, dass sich der jüngste Preisschub seitens der Rohstoff- und Energiepreise nicht mittelfristig verfestige. Trichet appellierte insbesondere an die Tarifparteien: Die Vermeidung von Zweitrundeneffekten in Form höherer Lohnabschlüsse als Ausgleich für höhere Geldentwertung sei vorrangig. Die Inflationserwartungen in der mittleren und langen Frist müssten in jedem Fall fest verankert bleiben. Das Geldmengen- und Kreditwachstum sei indes immer noch moderat.

Entscheidung einstimmig getroffen
Die jüngsten Entscheidungen seien einstimmig getroffen worden, sagte Trichet. Für die Konjunktur im Euroraum zeigte er sich zuversichtlich. Derzeit seien die Wachstumsrisiken immer noch ausgeglichen, sie könnten aber bald nach oben zeigen. Jüngste Daten deuteten auf eine positive Grundtendenz der Euroraum-Konjunktur hin.

Inflationsprognosen deutlich erhöht
Die EZB hat ihre Inflationsprognosen wegen höherer Rohstoffkosten deutlich angehoben. Die Inflationsrate werde im laufenden Jahr im Durchschnitt bei 2,3 Prozent liegen, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt. Im Dezember war die Notenbank noch von 1,8 Prozent ausgegangen. 2012 dürfte die Teuerung dann auf 1,7 Prozent zurückgehen. Hier waren bisher 1,5 Prozent genannt worden. Der jüngste Ölpreisschub sei dabei nicht berücksichtigt. Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an.

1,7% Wachstum prognostiziert
Die Wachstumsprognosen erhöhte die Notenbank leicht. Die Wirtschaft in der Eurozone dürfte 2011 im Durchschnitt um 1,7 Prozent wachsen. Im Dezember war die Notenbank noch von einem Zuwachs von 1,4 Prozent ausgegangen. Für 2012 rechnet die EZB mit einem Wachstum um 1,8 (bisher: 1,7) Prozent. Die Projektionen der EZB werden vom Mitarbeiterstab erstellt und dienen dem geldpolitischen Rat als Entscheidungshilfe. Die EZB gibt ihre Wachstums- und Inflationsprojektionen in Bandbreiten an. Preisstabilität herrscht laut EZB mittelfristig bei einer Inflationsrate von knapp zwei Prozent. (awp/mc/upd/ss)

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