EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)
Frankfurt am Main – Spekulationen über ein radikales Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) zum Kauf von Staatsanleihen haben zu Wochenbeginn für etwas Entspannung an den europäischen Finanzmärkten gesorgt. Die Renditen vor allem für spanische Anleihen gaben am Montag nach. Die Euro-Krisenländer Spanien und Italien können sich seit Monaten nur zu hohen Zinsen an den Märkten neues Geld besorgen. Die Bundesbank bekräftigte ihre Kritik an EZB-Anleihekäufen.
Die EZB selbst wies einen Bericht des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» als «irreführend» zurück, wonach die Währungshüter erwägen, für Käufe von Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder künftig Zinsobergrenzen für jedes Land festzulegen. Das Thema sei im EZB-Rat noch nicht diskutiert worden, eine Entscheidung gebe es nicht, sagte ein Sprecher der Notenbank in Frankfurt. Die EZB werde weiter strikt im Rahmen ihres Mandats handeln. Das EZB-Mandat verbietet etwa die Finanzierung von Staatsschulden durch die Notenbank.
«Spiegel»-Artikel sorgt für Wirbel
Laut «Spiegel» würde die Notenbank Staatspapiere von Krisenländern immer dann kaufen, wenn deren Renditen einen bestimmten Wert – im Vergleich zu denen für deutsche Bundesanleihen – überschreiten. Die Bundesregierung hat nach Angaben eines Sprechers des Finanzministeriums keine Kenntnisse von Plänen für einen derartigen Schutzschild. Rein theoretisch und abstrakt gesprochen sei so ein Instrument sicher sehr problembelastet, meinte Sprecher Martin Kotthaus.
An den Anleihemärkten sorgte der Bericht dennoch für Entspannung. Der Zinssatz für richtungsweisende spanische Bonds mit einer Laufzeit von zehn Jahren sank deutlich um 0,16 Prozentpunkte auf 6,19 Prozent. Damit entfernten sich die Renditen weiter von der als langfristig kritisch eingeschätzten Marke von sieben Prozent, die in den vergangenen Monaten mehrfach überschritten wurde. Bei italienischen Anleihen war die Entspannung dagegen nicht von langer Dauer.
Weiter Kritik der Bundesbank
Die Deutsche Bundesbank bekräftigte unterdessen ihre Kritik an EZB-Anleihekäufen. Die Notenbank halte an ihrer Auffassung fest, «dass insbesondere Staatsanleihekäufe des Eurosystems kritisch zu bewerten und nicht zuletzt mit erheblichen stabilitätspolitischen Risiken verbunden sind», hiess es im jüngsten Bundesbank-Monatsbericht.
Die EZB hatte Anfang August signalisiert, unter bestimmten Bedingungen wieder Bonds von Euro-Krisenländern zu kaufen, um die Risikoprämien zu drücken. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann stimmte im EZB-Rat gegen den Plan von Notenbank-Chef Mario Draghi. Die Bundesbank kritisiert die Ankäufe als unzulässigen Versuch, mit Mitteln der Geldpolitik Staaten zu finanzieren.
Asmussen verteidigt Draghis Kurs
EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen verteidigte dagegen den Kurs Draghis. Das neue Programm zum Ankauf von Anleihen sei vereinbar mit dem Auftrag der Zentralbank, sagte Asmussen der «Frankfurter Rundschau» (Montag). «Wir agieren innerhalb unseres Mandates, das vorrangig darauf ausgerichtet ist, Preisstabilität auf mittlere Sicht für den gesamten Euroraum zu garantieren.» Nur eine Währung, an deren Fortbestehen es keinen Zweifel gebe, könne stabil sein. «Genau diese Zweifel am Bestand des Euro wollen wir den Marktteilnehmern nehmen.»
Nach Einschätzung des Vorsitzende des Freiburger Centrums für Europäische Politik (CEP), Lüder Gerken, ist der Kauf von Staatsanleihen kein Ausweg aus der Schuldenkrise. «Die EZB kann die Probleme, die zur Euro-Schuldenkrise und zur Zahlungsbilanzkrise geführt haben, nicht lösen», sagte der Gerken im Interview mit dem Informationsdienst dpa Insight EU. Die Zentralbank könne allenfalls Zeit gewinnen. (awp/mc/upd/ps)