Frankfurt am Main – Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) hat baldige Entscheidungen zum weiteren Vorgehen bei dem billionenschwere Wertpapierkaufprogramm der Notenbank in Aussicht gestellt. «Wahrscheinlich wird der Grossteil der Entscheidungen im Oktober getroffen», sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach der EZB-Zinssitzung in Frankfurt. Unvorhergesehene Entwicklungen könnten jedoch zu einer Verschiebung führen. Die nächste Sitzung des EZB-Rats findet am 26. Oktober statt.
Bei der aktuellen Sitzung sei vorerst nicht über konkrete geldpolitische Optionen diskutiert worden, sagte Draghi. Es sei aber grundsätzlich sowohl über die weitere Dauer, als auch über das Volumen der Wertpapierkäufe gesprochen worden. Die Diskussion über einen Ausstieg sei aber noch in einem frühen Stadium. Draghi erwartet jedoch, dass man im Oktober mit den Vorbereitungen fertig sei.
Ausweitung der Anleihekäufe bleibt eine Option
Zunächst wurde jedoch der bisherige Kurs bestätigt. Das Anleihekaufprogramm soll bis mindestens Ende 2017 fortgesetzt werden. Selbst eine Ausweitung der monatlichen Käufe wird weiterhin als Option genannt.
«Über die mögliche Verknappung von Anleihen wurde nicht gesprochen», sagte Draghi. Die Notenbank habe jedoch gezeigt, dass sie mit Knappheiten umgehen könne. Die EZB hatte versprochen, dass sie nicht mehr als ein Drittel aller Staatsanleihen eines Landes halten wird. Über eine Änderung dieser Limits sei nicht gesprochen worden. Ökonomen erwarten, dass die EZB schon im Frühjahr hier an Grenzen stossen könnte. Über eine Ausweitung des Programms auf andere Wertpapiere, wie Aktien, wurde laut Draghi nicht gesprochen.
Draghi fordert Geduld bei der Inflation
Draghi betonte, dass das Wertpapierkaufprogramm weiterlaufen werde, bis es eine substanzielle Belebung der Inflation gebe. Mit der Teuerungsrate sei man im EZB-Rat bislang weitgehend unzufrieden. Hier sei Geduld gefragt. Letztlich werde sich die Inflation dem angepeilten Ziel von knapp zwei Prozent annähern. «Die EZB wird sich keinesfalls mit der niedrigen Inflation abfinden», sagte Draghi.
Die Inflationsprognosen wurden vorerst teilweise gesenkt. Für das kommende Jahr erwartet die Notenbank einen Anstieg der Verbraucherpreise um 1,2 Prozent anstatt bisher 1,3 Prozent. Im Jahr 2019 wird eine Inflationsrate von 1,5 Prozent erwartet, während es bisher 1,6 Prozent waren. Für das laufende Jahr wurde die Prognose hingegen bei 1,5 Prozent belassen.
Die Ängste vieler Beobachter vor Risiken der Anleihekäufe sind laut Draghi nicht begründet. Die EZB sehe keine negativen Nebenwirkungen des Programms. Eine Gefahr für die Finanzmärkte durch Blasenbildung sei nicht zu erkennen. Nur am Markt für Gewerbeimmobilien sei es zu Übertreibungen gekommen. Alle Volkswirtschaften der Eurozone hätten von der lockeren Geldpolitik der EZB profitiert.
Leitzins bleibt unverändert
Den Leitzins im Euroraum hält die Zentralbank auf dem Rekordtief von null Prozent. Parken Geschäftsbanken Geld bei der Notenbank, kostet das die Institute weiterhin 0,4 Prozent Strafzinsen.
Wachstumsprognose erhöht
Weiter hat die EZB ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum des Euroraums im laufenden Jahr erhöht. 2017 rechnet die Notenbank mit einem Zuwachs der Wirtschaftsleistung um 2,2 Prozent, wie Draghi am Donnerstag nach der Zinssitzung in Frankfurt sagte. Bislang lag die Projektion bei 1,9 Prozent. Für die beiden kommenden Jahren wurden die Prognosen dagegen unverändert bei 1,8 Prozent (2018) und 1,7 Prozent (2019) belassen. (awp/mc/pg)