EZB stimmt auf lange Phase niedriger Zinsen ein

EZB stimmt auf lange Phase niedriger Zinsen ein

EZB-Präsident Mario Draghi. (Bild: EZB)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am Donnerstag ihre Geldpolitik unverändert gelassen und die Finanzmärkte auf eine lange Phase extrem niedriger Leitzinsen in der Eurozone eingestimmt. Die Zinsen dürften für längere Zeit auf dem aktuellen oder sogar auf einem niedrigeren Niveau bleiben, sagte EZB-Präsident Mario Draghi in Wien bei der Pressekonferenz zum jüngsten Zinsentscheid. Er betonte zudem die Handlungsbereitschaft der Notenbank.

Etwas optimistischer als zuletzt blicken die Notenbanker auf die Inflation. Wichtige Entscheidungen zur Finanzierung Griechenlands, über die vorab spekuliert worden war, wurden noch nicht getroffen. Die EZB kündigte an, ab Mittwoch mit dem Kauf von Unternehmensanleihen zu beginnen.

Inflationsprognose für 2016 angehoben
Die niedrigen Zinsen sollten über die Laufzeit des Wertpapierkaufprogramms hinaus bestehen bleiben, sagte Draghi. Der Notenbankpräsident wiederholte damit Aussagen vom April. Er betonte zudem einmal mehr, die Notenbank sei bereit, notfalls alle verfügbaren Instrumente zu nutzen.

Die Notenbanker erhöhten ihre Prognose für die Inflation im laufenden Jahr leicht von 0,1 auf 0,2 Prozent. Für die beiden kommenden Jahre seien die Erwartungen dagegen unverändert, sagte Draghi. Für 2017 werden weiterhin 1,3 Prozent und für 2018 1,6 Prozent erwartet.

Wachstumserwartung für 2018 gesenkt
Ihre Wachstumsprognosen schob die Notenbank für dieses Jahr nach oben, beliess sie für 2017 unverändert und senkte sie für 2018. Das Wachstum für 2016 wird demnach auf 1,6 Prozent veranschlagt, bisher wurden 1,4 Prozent erwartet. 2017 und 2018 dürfte die Wirtschaftsleistung um jeweils 1,7 Prozent wachsen. Für das Jahr 2018 wurde die Wachstumserwartung um 0,1 Prozentpunkte verringert.

Draghi bewertete die wirtschaftlichen Aussichten jedoch etwas positiver als zuletzt. «Die Abwärtsrisiken für den Ausblick sind geringer geworden, wenn auch nicht dramatisch», sagte Draghi. «Die Massnahmen der EZB sind sehr effektiv gewesen.» Ein Risiko sei jedoch das Referendum über einen möglichen Austritt Grossbritanniens aus der Währungsunion.

Keine Entscheidung zu Griechenland
Eine abwartende Haltung nimmt die EZB zu der Frage der Wiederannahme griechischer Staatsanleihen als Sicherheit für Zentralbankgeld ein. Draghi würdigte die Fortschritte, die die griechische Regierung mit der Verabschiedung von Reformen erzielt habe, die als Voraussetzung für die Freigabe weiterer Hilfsgelder gelten. Vor einer Entscheidung über die Wiederannahme griechischer Staatstitel wolle die Notenbank aber die Umsetzung der beschlossenen Massnahmen abwarten.

Zurzeit werden griechische Banken durch spezielle Notkredite (ELA) über Wasser gehalten, die sie mehr kosten als herkömmliches Zentralbankgeld. Eine Wiederannahme griechischer Staatstitel würde den dortigen Banken auch die Teilnahme an den neuen Langfristkrediten der EZB eröffnen, deren Verzinsung von der Kreditvergabe durch die Banken abhängt und im Extremfall negativ sein kann. Eine erste Runde dieser neuen Langfristkredite wird die EZB am 22. Juni durchführen, wie die Notenbank am Donnerstag erklärte.

Leitzinsen unverändert – Kauf von Unternehmensanleihen ab 8. Juni
Vor der Pressekonferenz hatte die EZB wie erwartet angekündigt, alle Leitzinsen unverändert zu lassen. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt bei null Prozent, der Einlagensatz bei minus 0,4 Prozent und der Spitzenrefinanzierungssatz bei 0,25 Prozent. Zudem kündigte die Notenbank an, ab dem 8. Juni das Kaufprogramm für Unternehmensanleihen (CSPP) zu beginnen.

Bereits im März hatten die Notenbanker beschlossen, im Kampf gegen die zu niedrige Inflation in der Eurozone das billionenschwere Kaufprogramm von Wertpapieren auf Unternehmensanleihen mit guter Bonität auszuweiten. Ausgenommen sind die Anleihen von Banken und von Unternehmen im Staatsbesitz. Der genaue Starttermin war bislang jedoch noch nicht bekannt.

Der EZB-Rat tagt jedes Jahr ein oder zwei Mal nicht am Stammsitz der Notenbank in Frankfurt. Auf Wien fiel die Wahl auch deshalb, weil dort am Donnerstagabend das 200-jährige Bestehen der österreichischen Nationalbank begangen wird. (awp/mc/pg)

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