EZB steckt nur noch bis Ende 2018 frische Milliarden in Anleihen
Frankfurt am Main – Nach knapp vier Jahren treten Europas Währungshüter bei ihren milliardenschweren Anleihenkäufen auf die Bremse. Nur noch bis Ende 2018 steckt die Europäische Zentralbank (EZB) frische Milliarden in den Kauf von Wertpapieren. Das beschloss der EZB-Rat am Donnerstag in Frankfurt. Und das, obwohl sich die Aussichten für die Konjunktur eingetrübt haben. Steigende Zinsen für Sparer sind allerdings vorerst nicht in Sicht.
Ein abruptes Ende des Anti-Krisen-Modus wird es nicht geben, wie EZB-Präsident Mario Draghi betonte: «Das Anleihenkaufprogramm ist nicht beendet, es geht weiter.» Denn die Gelder aus auslaufenden Staats- und Unternehmenspapieren wird die Notenbank wieder investieren – und zwar über den Zeitpunkt der ersten Zinserhöhung hinaus, die der EZB-Rat frühestens für Herbst 2019 in Aussicht stellt. Seit Beginn der Anleihenkäufe im März 2015 hat die Wertpapiere im Volumen von rund 2,6 Billionen Euro erworben.
Leitzins bleibt auf Rekordtief
Den Leitzins im Euroraum hält die EZB auf dem Rekordtief von null Prozent, Geschäftsbanken bekommen somit Zentralbankgeld weiterhin zum Nulltarif. Volkswirte rechnen damit, dass die EZB in einem ersten Schritt zunächst die Strafzinsen für Kreditinstitute verringern wird. Derzeit sind für geparktes Geld bei der EZB 0,4 Prozent Strafzinsen fällig.
Teuerungsrate von 2% angestrebt
Mit ihrer Geldflut will die EZB der Konjunktur in den 19 Euroländern auf die Sprünge helfen und die Teuerung anheizen, die zwischenzeitlich bedenklich niedrig war. Mittelfristig strebt die Notenbank Preisstabilität bei einer Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an. Das ist weit genug entfernt von der Nullmarke. Denn dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise könnten Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben – das könnte die Konjunktur bremsen. Im Euroraum lagen die Verbraucherpreise im November um 2,0 Prozent über dem Vorjahresniveau.
Hohe geopolitische Unsicherheit
Draghi äusserte sich skeptischer zur künftigen wirtschaftlichen Entwicklung. Die Risiken für die Wachstumsaussichten seien zwar weitgehend ausgewogen, die Balance tendiere jedoch nach unten. Die geopolitische Unsicherheit sei hoch. Protektionismus, Probleme in Schwellenländern und die Volatilität der Finanzmärkte würden fortbestehen.
Die etwas pessimistischeren Formulierungen führten zu Reaktionen an den Finanzmärkten. So gab der Euro merklich nach und fiel auf ein Tagestief von 1,1331 US-Dollar. Am Mittag hatte er noch knapp unter der Marke von 1,14 Dollar notiert. Die Kurse von europäischen Staatsanleihen legten zu.
Wachstumsprognosen gesenkt
Für dieses Jahr erwartet die Notenbank für den Euroraum noch einen Zuwachs von 1,9 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Vor drei Monaten hatten die EZB-Experten ihre Wachstumsprognose bereits auf 2,0 Prozent heruntergesetzt. 2019 soll die Wirtschaft im Währungsraum nach der neuesten Vorhersage um 1,7 (September-Prognose 1,8 Prozent) zulegen. Die Teuerung dürfte nach Einschätzung der Zentralbank in diesem Jahr bei 1,8 Prozent liegen und damit etwas höher als im September vorhergesagt. Damals war die Notenbank von 1,7 Prozent ausgegangen. Für 2019 erwartet die EZB eine Inflationsrate von 1,6 Prozent (September-Prognose 1,7 Prozent).
Nach Einschätzung von Draghi waren die milliardenschweren Anleihenkäufe «der entscheidende Treiber der Konjunkturerholung im Euroraum». Solche Kaufprogramme – im Fachjargon «Quantitative Easing» (QE) genannt – gehörten nunmehr zum normalen Werkzeugkasten der Notenbank. Darin sehe sich die EZB auch durch das jüngste Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestärkt.
Die Luxemburger Richter hatten am Dienstag entschieden, dass die vor allem in Deutschland umstrittenen Staatsanleihenkäufe grundsätzlich erlaubt sind. «Das Urteil hat unsere Überzeugung bestätigt», sagte Draghi. (awp/mc/pg)