EZB versorgt Banken mit reichlich Liquidität

EZB versorgt Banken mit reichlich Liquidität

Frankfurt am Main – Die Unsicherheit im europäischen Bankensystem scheint immer mehr zuzunehmen. Angesichts der hohen Risiken wegen der europäischen Schuldenkrise decken sich die Geschäftsbanken bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mit reichlich Liquidität ein. Zugleich verleihen sie die Mittel nicht wie üblich untereinander weiter, sondern legen es wieder bei der Notenbank unter Inkaufnahme von Zinsverlusten an.

Dies zeigt, wie gross das Misstrauen der Institute untereinander sein muss. Hintergrund ist das starke Engagement der Banken in Staatsanleihen angeschlagener Euro-Länder wie Italien und Spanien.

Der hohe Liquiditätsbedarf hat sich am Dienstag vor allem in dem Hauptgeschäft der Institute mit der EZB gezeigt. Darüber versorgen sich die Geschäftsbanken wöchentlich mit frischem Geld. In dieser Woche lag die Summe mit 291,6 Milliarden Euro so hoch wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. An dem neuen Geschäft haben sich insgesamt 197 Banken beteiligt, wie die EZB in Frankfurt mitteilte. Das ist eine hohe Anzahl. Darüber hinaus liehen sich die Banken bei der EZB in einem zweiten Geschäft rund 41,1 Milliarden Euro für 35 Tage.

Banken suchen Sicherheit
Die hohe Zuteilungssumme im Wochengeschäft und die grosse Anzahl beteiligter Banken zeigen, wie händeringend die Institute derzeit nach Liquidität suchen. Dass die Banken sich immer weniger gegenseitig trauen, belegen die zugleich stark gestiegenen Bankeinlagen bei der EZB. Diese eintägigen Einlagen stiegen am Dienstag um rund 11,5 Milliarden auf 346,4 Milliarden Euro. Das ist der höchste Stand seit Mitte 2010. Seinerzeit erreichten die Einlagen ihren Rekordstand bei knapp 385 Milliarden Euro. Auch die eintägigen Ausleihungen der Banken bei der EZB legten am Dienstag zu. Sie stiegen um rund 1,5 Milliarden auf 8,9 Milliarden Euro. Auch das ist deutlich mehr als üblich.

In dem wöchentlichen Geschäft mit der EZB müssen die Banken derzeit einen Zinssatz von 1,0 Prozent zahlen. Für die eintägigen Einlagen erhalten sie demgegenüber einen Zins von lediglich 0,25 Prozent. Diesen Zinsverlust nehmen die Banken wegen des starken Verlangens nach Sicherheit in Kauf. Bereits seit längerem erhalten die Banken bei der EZB gegen Sicherheiten so viel Liquidität wie gewünscht. Diese «Vollzuteilung zum Leitzins» hatte die EZB bereits in der ersten Finanzkrise eingeführt, um die Planungssicherheit der Banken zu erhöhen und deren Refinanzierungskosten zu senken. In der Schuldenkrise hat die EZB dieses Vorgehen wieder aufleben lassen.

Krisen-Instrumente der EZB
Die EZB hatte unlängst auf die anhaltenden Spannungen zwischen den Geschäftsbanken reagiert. Vergangene Woche senkte sie nicht nur den Leitzins um 0,25 Punkte auf 1,0 Prozent. Sie weitete zudem ihre «aussergewöhnlichen» Krisenmassnahmen für die Banken aus: So bietet sie den Instituten eine noch längere Refinanzierung bis zu drei Jahren an. Darüber hinaus lockerte die Notenbank ihren Katalog an Sicherheiten, die die Banken bei der Refinanzierung bei der EZB einreichen können. Ausserdem senkte sie den Mindestreservesatz von zwei auf ein Prozent. Der Satz bestimmt, welchen Anteil an fremden Mitteln die Banken bei der EZB vorhalten müssen. Ein geringerer Satz erleichtert den Banken ihr Kreditgeschäft. (awp/mc/pg)

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