Keine Kursänderung der EZB – trotz anziehender Inflation

Mario Draghi

EZB-Präsident Mario Draghi. (Foto: EZB)

Frankfurt am Main – Die Europäische Zentralbank (EZB) hält trotz der allmählichen Rückkehr der Inflation weiter an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Der Leitzins, zu dem Banken frisches Zentralbankgeld bekommen, liegt weiterhin bei null Prozent. Der Einlagensatz, zu dem Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken können, beträgt unverändert minus 0,4 Prozent. Der Spitzenrefinanzierungssatz bleibt auch auf seinem bisherigen Niveau bei 0,25 Prozent.

Zwar habe die Teuerungsrate zuletzt zugelegt, sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach der Sitzung des geldpolitischen Rates. Dies sei aber vor allem auf die jüngste Erholung bei den Energiepreisen zurückzuführen. Trotz der wirtschaftlichen Erholung im Euroraum sieht Draghi Risiken, nicht zuletzt aufgrund des Brexits. Über den politischen Kurs des künftigen US-Präsidenten Donald Trump wollte sich der Notenbankchef vorerst nicht äussern.

Zwar liegt die Inflation im Euroraum inzwischen bei 1,1 Prozent und ist damit so hoch wie seit über drei Jahren nicht. «Es gibt aber keine überzeugenden Anzeichen für einen Aufwärtstrend bei der Kerninflation», sagte Draghi. Bei der Kerninflation werden unter anderem die stark schwankungsanfälligen Energiepreise herausgerechnet.

Draghi: Substanzielle geldpolitische Unterstützung nötig
Die Unterschiede bei der Inflation in den verschiedenen Euro-Ländern seien «handhabbar», sagte der EZB-Chef. Die lockere Geldpolitik komme allen zugute, auch der deutschen Bevölkerung. Damit spielte Draghi auf wachsende Kritik am geldpolitischen Kurs der EZB an, die vor allem aus Deutschland kommt. Eines der Hauptargumente der Kritiker ist, dass die Niedrigzinsen die Sparer ihrer Zinseinnahmen berauben.

Zurückhaltend äusserte sich der EZB-Chef auch zum Wirtschaftswachstum. Er sehe zwar Anzeichen für eine etwas stärkere Erholung der Weltwirtschaft. Es gebe aber weiterhin Risiken. Eine substantielle geldpolitische Unterstützung sei daher nach wie vor angezeigt.

Mit Zinsentscheidungen vom Dezember zufrieden
Eine Verringerung der Wertpapierkäufe wurde Draghi zufolge am Donnerstag nicht diskutiert. Man sei mit den im Dezember getroffenen Entscheidungen zufrieden. Die Notenbanker hatten im Dezember ihr seit März 2015 laufendes milliardenschweres Wertpapierkaufprogramm um neun Monate bis Ende 2017 verlängert. Ab April sollen aber monatlich nur noch Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden statt bislang 80 Milliarden Euro gekauft werden.

Ein Grossteil dieser Papiere sind Staatsanleihen. Er halte derzeit die Verschuldung keines Euro-Landes für nicht tragbar, sagte der EZB-Chef.

Unklarheit zu Trump und Brexit
Zum politischen Kurs des baldigen US-Präsidenten Donald Trump wollte sich Draghi nicht äussern. Es sei dafür «noch sehr früh». Auf einen Währungskrieg will sich der Währungshüter jedenfalls nicht einlassen. Die EZB peile mit ihrer Geldpolitik keinen bestimmten Wechselkurs an, sagte Draghi. Trump hatte zuletzt den US-Dollar als «zu stark» bezeichnet und moniert, dies habe Nachteile für die Wettbewerbsfähigkeit von US-Unternehmen.

Es sei zudem noch zu früh, die Auswirkungen des Brexits auf die Konjunktur im Euroraum einzuschätzen, so Draghi. Aber: «Es wird sehr wichtig sein, was bei den Verhandlungen letztlich herauskommt.» Die britische Premierministerin Theresa May hatte am Dienstag erklärt, Grossbritannien werde aus dem EU-Binnenmarkt ausscheiden. May will stattdessen einen umfassenden Freihandelsvertrag mit der EU schliessen. Auch der Zollunion in ihrer bisherigen Form will Grossbritannien nicht mehr angehören. (awp/mc/pg)

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