Washington – Die US-Notenbanker wollen weiter an der Politik der langsamen Zinserhöhungen festhalten. Wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Protokoll (Minutes) zur jüngsten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) vom 12. und 13. Juni hervorgeht, hat sich aber eine Debatte über die Frage entzündet, wie viele Zinserhöhungen noch notwendig sind, um die US-Wirtschaft langfristig auf einer stabilen Basis zu halten. Einige Fed-Vertreter hätten sich dafür ausgesprochen, dass es möglicherweise schon bald notwendig sei, die Wortwahl der Stellungnahme im Anschluss an eine Zinsentscheidung zu ändern.
Demnach hätten sich einige Notenbanker dafür ausgesprochen, dass in künftigen Stellungnahmen klar gestellt werden soll, dass der Leitzins «akkomodierend» sei, also die konjunkturelle Entwicklung stützt. Ausserdem haben die Notenbanker klar gemacht, dass sie die jüngste Entwicklung im Handelsstreit genau beobachten. Dabei gehe es um Hinweise, die darauf hindeuteten, dass eine Eskalation der Lage die Investitionen bremsen könnte.
Laut dem Protokoll haben die meisten Teilnehmer der Zinssitzung die Einschätzung vertreten, dass sich die Unsicherheiten und die Risiken im Zuge der Handelspolitik intensiviert haben. Ausserdem hätten sich Fed-Vertreter besorgt gezeigt, dass diese Unsicherheiten negative Auswirkungen auf die Stimmung in den Unternehmen haben könnten.
In der jüngsten Eskalationsstufe im Handelsstreit zwischen den USA und China wollen die Vereinigten Staaten an diesem Freitag Sonderzölle von 25 Prozent auf chinesische Importe im Wert von 34 Milliarden US-Dollar verhängen. Nach dem Inkrafttreten um Mitternacht Washingtoner Zeit (0600 Uhr MESZ) will China umgehend mit eigenen Zöllen auf US-Waren in ähnlichem Umfang reagieren.
Wirtschaft auf «sehr starkem» Wachstumspfad
Generell sehen die Notenbanker die amerikanische Wirtschaft aber laut Protokoll weiterhin auf einem «sehr starken» Wachstumspfad. Ausserdem dürfte sich die Inflation mittelfristig bei dem von der Fed anvisierten Ziel von zwei Prozent bewegen, hiess es weiter. Einige Fed-Mitglieder sahen in der Steuerpolitik der US-Regierung Aufwärtsrisiken für die konjunkturelle Entwicklung in den USA.
Die Fed hatte im Juni ihren vergleichsweise langsamen geldpolitischen Straffungskurs fortgesetzt und den Leitzins in einer Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent angehoben. Es war die siebte Leitzinsanhebung seit der Zinswende im Dezember 2015. Ausserdem hatten die Notenbanker ihre Projektionen für die weiteren Zinserhöhungen erhöht. Sie rechnen demnach im laufenden Jahr mit insgesamt vier Zinsschritten, nach zuvor drei Zinserhöhungen.
Bei der nächsten Zinssitzung im August wird die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinserhöhung am Markt als gering eingeschätzt. Dagegen wird die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt im September mit mehr als 80 Prozent beziffert.
An den Finanzmärkten gab es kaum Reaktionen auf die Veröffentlichung. Der Eurokurs hielt sich unter 1,17 US-Dollar. (awp/mc/ps)