Fed-Chefin Janet Yellen. (© US Government Work)
Washington – Die US-Notenbank Fed wird die Zinsen wohl nicht so schnell erhöhen, wie viele Experten erwartet haben. Die jüngst veröffentlichten eigenen Zinsprognosen seien am Markt überinterpretiert worden, stellten Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) der US-Notenbank fest. Damit erscheint die Aussage von Fed-Chefin Janet Yellen in einem anderen Licht, nach der die Zinsen Mitte 2015 angehoben werden könnten – also rund sechs Monate nach dem Ende der Anleihenkäufe. Diese Formulierung tauchte im am Mittwochabend veröffentlichten Protokoll (Minutes) der letzten Fed-Sitzung vom 18. und 19. März nicht auf. Laut Marktbeobachtern deutet damit alles auf eine spätere Anhebung hin. Der Dollar geriet nach der Veröffentlichung des Protokolls merklich unter Druck, während die Kurse an den Börsen deutlich anzogen.
Die US-Aktienmärkte weiteten ihre Gewinne mit Aussicht auf noch länger niedrige Zinsen merklich aus. Sowohl der Dow Jones Industrial als auch der S&P 500 machten zwischenzeitlich deutliche Verluste seit Freitag wieder wett. Der Euro stieg nach der Meldung auf ein Tageshoch von 1,3857 US-Dollar. Die US-Anleihen gaben vorherige Gewinne teilweise wieder ab.
Aufregung nach Prognosen und Yellen-Aussagen
«Mehrere Teilnehmer vertraten die Einschätzung, dass der Anstieg der Durchschnittsprognose, die tatsächlich zu erwartende Entwicklung der Leitzinsen überzeichne», hiess es in den Minutes. Aus den im März veröffentlichten Prognosen der US-Notenbanker zum künftigen Zinspfad hatten Anleger geschlossen, dass die erste Zinserhöhung schneller kommen könnte als bis dahin erwartet. Dies hatte Anleihen belastet und den Dollar gestützt.
Die neue Chefin der US-Notenbank Yanet Yellen hatte nach der Sitzung im März noch versucht, die Bedeutung der Prognosen herunterzuspielen – dann aber mit einem Halbsatz weltweit Anleger in Aufregung versetzt. Demnach könnten die Zinsen rund sechs Monate nach dem Ende der Anleihenkäufe angehoben werden, so die Fed-Chefin. Das Echo an den Weltmärkten war stark: Aktienkurse und Euro gerieten unter Druck. Nun taucht genau diese Formulierung in den Minutes nicht auf. Manche Experten hatten bereits vermutet, dass sich Yellen nur versprochen haben könnte.
Geändertes Zinsversprechen
Die US-Notenbank hatte zudem ihr Zinsversprechen (Forward Guidance) abgeändert. Die Entscheidung darüber wurde laut den Minutes aber schon Anfang März auf einer geheimen Videokonferenz getroffen. So wollen die Währungshüter ihre Zinspolitik künftig nicht mehr vorrangig an der Arbeitslosenquote ausrichten. Vielmehr soll eine Reihe von Informationen herangezogen werden, etwa Indikatoren vom Arbeitsmarkt, zur Inflation und zu den Inflationserwartungen sowie zum Finanzsystem.
Laut dem Protokoll waren die Teilnehmer der Videokonferenz besorgt, dass die Änderung des Zinsversprechens die Märkte irritieren könnte. Die Zinsen sollten angesichts des wirtschaftlichen Gegenwindes auch nach der ersten Anhebung niedrig bleiben. (awp/mc/upd/ps)