US-Notenbank erhöht Leitzins und wird etwas vorsichtiger
Washington – Die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve hat ihre Geldpolitik trotz massiver Kritik von US-Präsident Donald Trump abermals gestrafft. Allerdings gibt sie sich etwas vorsichtiger, was die künftige Wirtschaftsentwicklung und Zinsanhebungen angeht. Die Vermutung politischer Beeinflussung weist die Fed von sich. Zuvor hatten scharfe Bemerkungen von Präsident Trump Bedenken hervorgerufen, die Unabhängigkeit der Notenbank könnte gefährdet sein.
Wie die Fed am Mittwoch in Washington mitteilte, steigt ihr Leitzins um weitere 0,25 Punkte auf 2,25 bis 2,50 Prozent. Analysten hatten diesen Schritt erwartet. Für kommendes Jahr rechnet die Notenbank allerdings nur noch mit zwei Zinsanhebungen. Im September waren es noch drei gewesen. Im Jahr 2020 dürfte eine weitere Zinserhöhung folgen. Dies ergibt sich aus neuen Prognosen der Fed, die auf Einschätzungen der Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses FOMC basieren.
Wachstumsprognose leicht gesenkt
Auch für das Wirtschaftswachstum gibt sich die Fed etwas weniger zuversichtlich. Die Wachstumsprognose für dieses Jahr wurde leicht um 0,1 Punkte auf 3,0 Prozent reduziert. Im kommenden Jahr dürfte die weltgrösste Volkswirtschaft um 2,3 Prozent wachsen. Bisher hatte die Erwartung 2,5 Prozent betragen. Auch die Inflation wird für dieses und kommendes Jahr etwas schwächer erwartet.
Auch Notenbankchef Jerome Powell gab vor der Presse eine vorsichtige wirtschaftliche Einschätzung. Man gehe von einem etwas moderateren Wachstum aus, wobei sich der grundsätzliche Wirtschaftsausblick nicht geändert habe, sagte der Vorsitzende der Fed. Allerdings seien die Finanzmärkte zuletzt wesentlich schwankungsanfälliger gewesen. Die künftige Geldpolitik sei abhängig von der konjunkturellen Entwicklung. Dies spricht für einen flexibleren Ansatz, als ihn die Fed in den vergangenen beiden Jahren mit regelmässigen Zinsanhebungen an den Tag gelegt hat.
Die Befürchtung, dass die Politik Einfluss auf die Zinsentscheidungen der Fed nehmen könnte, wies Powell von sich. Politische Erwägungen spielten keine Rolle in der Festlegung des geldpolitischen Kurses, sagte der Fed-Chef, nachdem ein Pressevertreter ihn danach gefragt hatte. «Niemand wird uns davon abhalten, den richtigen Weg zu gehen», unterstrich der Notenbankchef. Explizit auf die Kritik von US-Präsident Trump angesprochen, reagierte Powell ausweichend. Man erledige den Job, den man immer mache, sagte der gelernte Jurist.
Äusserungen mit politischer Sprengkraft
Die Äusserungen Powells haben gleichwohl politische Sprengkraft. In den vergangenen Wochen hatte der US-Präsident den Kurs der Fed mehrfach öffentlich kritisiert. Er sieht deren Zinsanhebungen als Hindernis auf seinem Weg, die amerikanische Wirtschaft wieder zu alter Grösse zu führen. Auch Powell selbst wurde durch Trump verbal attackiert – obwohl es der US-Präsident selbst war, der Powell als Fed-Chef vorgeschlagen hatte.
In ihrer Erklärung zum Zinsentscheid spricht die Fed von einem starken Wirtschaftswachstum. Die Risiken seien in etwa ausgewogen. Dennoch wolle man die globale Wirtschaft, die Entwicklungen an den Finanzmärkten und deren Einfluss auf den wirtschaftlichen Ausblick für die USA beobachten. Dies dürfte ein Hinweis auf die zuletzt eingetrübte globale Konjunktur und die schwachen Aktienmärkte sein.
Nur noch «einige graduelle Zinserhöhungen»
Ihr zentrales Zinssignal schwächte die Notenbank etwas ab. Anstatt die Erwartung zu äussern, dass man mit graduellen Zinserhöhungen fortfahre, ist jetzt von «einigen graduellen Zinserhöhungen» die Rede. Ausserdem reduzierte die Notenbank ihre Prognose für den sogenannten «neutralen Zins» von 3,0 auf 2,8 Prozent. Dieser Zins ist wichtig für die mittelfristige Geldpolitik, weil er das Zinsniveau kennzeichnet, das die Wirtschaft weder bremst noch anschiebt. Eine Reduzierung ist ein faktisches Signal für eine etwas vorsichtigere geldpolitische Haltung.
Mit ihrem jüngsten Zinsschritt hat die Fed ihre Geldpolitik das vierte Mal in diesem Jahr und das neunte Mal seit Beginn der aktuellen Anhebungsphase Ende 2015 gestrafft. Mit dem heutigen Zinsschritt und ihrem nur wenig veränderten Kurs dürfte die Fed Befürchtungen entgegengetreten sein, dass die Kritik von Präsident Trump an ihrer Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit kratze.
Einige Marktbeobachter hatten wohl erwartet, dass die Fed bei ihrem Zinsausblick noch etwas stärker zurückrudert. So legte der US-Dollar auf breiter Front zu. Der Euro gab seine vorhergehenden Gewinne fast vollständig ab. Er fiel auf 1,1375 Dollar zurück, nachdem er zuvor bis auf 1,1439 Dollar gestiegen war. Der US-Aktienmarkt geriet deutlich unter Druck. Die Kurse von US-Staatsanleihen legten deutlich zu. Besonders stark waren die Kursgewinne bei langlaufenden Papieren. (awp/mc/ps)